Wien - ÖVP-Chef Wilhelm Molterer erhöht nochmals den Druck auf den Koalitionspartner. Zwei Tage vor dem möglicherweise für die Regierung entscheidenden SPÖ-Präsidium verlangt er von den Sozialdemokraten die Klärung der Führungsfrage in der Partei und eine Rückkehr zur alten EU-Linie. Über Konsequenzen wie einen Neuwahlantrag wollte der Vizekanzler im APA-Interview nicht sprechen. Klar sei aber, dass die Verantwortung für alles, was das geschehen möge, "selbstverständlich" bei der SPÖ liege. Er werde nicht da sitzen und die SPÖ-Krise nur beobachten.

Molterer sprach neuerlich von einer "sehr ernsten Situation" und griff den Koalitionspartner frontal an: "Der SPÖ fehlt jede Stabilität." Das beginne schon bei der Doppelspitze mit Kanzler Alfred Gusenbauer und dem designierten Parteivorsitzenden Werner Faymann: "Wenn ich mit Faymann etwas bespreche, muss der Gusenbauer fragen. Wenn ich mit Gusenbauer etwas bespreche, muss der Faymann fragen."

"SPÖ ist gelähmt"

Durch diese Krise bei den Sozialdemokraten sei auch die Arbeit in der Bundesregierung blockiert: "Die SPÖ ist gelähmt und die Arbeit in der Bundesregierung nicht möglich." Er aber wolle arbeiten, müsse man doch gerade jetzt ganze Kraft investieren in die Sicherheit der Arbeitsplätze und die Entlastung der Bürger. "Im jetzigen Zustand" sei das aber "schwierig bis nicht möglich".

Schließlich drängte Molterer einmal mehr darauf, dass die SPÖ von ihrem Kurs, wonach bei wesentlichen Vertragsänderungen im Bereich der EU Volksabstimmungen durchgeführt werden müssen, wieder abrückt. Mit dieser neuen Linie seien die Sozialdemokraten aus der Gemeinsamkeit ausgeschert, die Österreich stark gemacht habe und näherten sich "in rapidem Tempo" der FPÖ an.

Ob eine Fortführung der Regierungszusammenarbeit möglich ist, hängt laut Vizekanzler davon ab, ob noch gemeinsame Arbeit möglich sei. Derzeit sei dies nicht der Fall, meinte Molterer: "Wie soll die Arbeit in der Bundesregierung möglich sein angesichts dieser Führungskrise der SPÖ." Der Ball liege jetzt bei den Sozialdemokraten. Nach deren Präsidium und den dort gefällten Beschlüssen werde er sich mit seinen Verantwortungsträgern in der Volkspartei zusammensetzen und die Lage bewerten, kündigte Molterer an. (APA)