Nokia N810
Die aktuelle Hardware-Generation der Internet Tablets

Grafik: Hersteller
Mit Maemo hat Nokia vor mittlerweile drei Jahren eine neue Linux-basierte Plattform für mobile Devices geschaffen. Aufsetzend auf einem Subset des GNOME-Desktops ist man bis heute wohl das zentrale Standbein der GNOME-Mobile-Bemühungen.

Übernahme

Für einige Verunsicherung hatte entsprechend der Kauf von Trolltech durch Nokia gesorgt, immerhin ist das norwegische Unternehmen unter anderem die treibende Kraft hinter QT - dem Hauptkonkurrenz zu GTK+, der Basis des GNOME, die bislang auch in den Internet Tablets ein zentraler Bestandteil ist.

Übernahme

Eine Übernahme, die auch beim Maemo-Team zunächst mal für Verblüffung gesorgt hat. Man habe vom Trolltech-Kauf auch nicht früher als die Internet-Öffentlichkeit erfahren, gibt Quim Gil, Produkt-Manager für die Entwicklungsplattform bei Nokia, am Rande der derzeit in Istanbul abgehaltenen GNOME-Konferenz GUADEC im Gespräch mit dem WebStandard unumwunden zugibt.

Verlockungen

Doch mittlerweile scheint man sich mit dieser Perspektive durchaus anfreunden zu können: "Vor allem die Möglichkeiten Anwendungen mit anderen Nokia-Plattformen, etwa der Series 60, austauschen zu können, ist verlockend", so Gil, der im Jahr 2006 selbst noch der zentrale Organisator der GUADEC im spanischen Villanova war.

Zeitplan

Bis es soweit ist, wird allerdings noch einige Zeit vergehen, auf einen genauen Zeitrahmen wollte sich Gil zwar noch nicht festlegen, zwischen den Zeilen war auf der GUADEC aber herauszuhören, dass QT wohl kaum vor 2010 in Maemo Einzug halten wird. Im Release Plan ist dieser Schritt erst für die übernächste Release vorgesehen, Codename "Harmattan". Klar ist auch noch nicht, ob es dann zusätzlich zu GTK+ angeboten werden soll, oder dieses vollständig ersetzt.

Zu früh

Es sei derzeit einfach noch zu früh, dies endgültig zu beantworten, wehrte Gil in einer Birds-of-Feather-Session entsprechende Fragen der GNOME-EntwicklerInnen ab. Gerade für ein Unternehmen wie Nokia, sei es schwierig langfristige Versprechungen zu tätigen, schließlich könne man dann später auf entsprechenden Aussagen festgenagelt werden. "Vor einem Jahr war noch nicht einmal Googles Android in Sicht", weist Gil auf das sich derzeit rasant verändernde Umfeld hin.

Parallel

Einen Parallelbetrieb von GTK+ und QT will er jedenfalls derzeit explizit nicht ausschließen, der damit verbundene erhöhte Ressourcenverbrauch falle mit der immer besser werdenden Hardware im mobilen Bereich kaum mehr ins Gewicht. Was allerdings bereits klar ist, ist dass jenseits der Toolkit-Frage alle anderen Kernbestandteile der Maemo-Plattform bestehen bleiben sollen, seien es das Interprozess-Kommunikations-Protokoll D-Bus oder der Hardware-Abstraktions-Layer HAL. Auch das Multimedia-Framework GStreamer und Telepathy für Instant Messaging und VoiceOverIP will man weiter nutzen.

Abgabe

Aus dem Umstand, dass Nokia die GTK+-Entwicklung für Maemo mittlerweile größtenteils an Immendio abgegeben hat, will Gil jedenfalls keine flotte Abkehr von dem Toolkit interpretiert wissen. "Wir investieren heute mehr in GTK+ als je zuvor", streicht der Nokia Produkt-Manager das eigene Commitment heraus. Im konkreten Fall sei es einfach so gewesen, dass sich eine Reihe von zentralen GTK+-Entwicklern gleichzeitig dazu entschlossen hatten, Nokia zu verlassen. Leider sei es nicht so ohne weiteres möglich, auf die Schnelle EntwicklerInnen mit dem notwendigen Know-How zu finden, also habe man sich zur Auslagerung entschieden.

Gemeinsam

Allgemein hofft Gil in Zukunft auf eine deutlich verstärkte Zusammenarbeit zwischen den GNOME und KDE-Communitys, ein Schritt bei dem Nokia eine aktive Rolle einnehmen. Immerhin sei man dazu durch die starke GTK+-Expertise und den Kauf von Trolltech geradezu prädestiniert. In diesem Sinn sei auch die Zusammenlegung der beiden EntwicklerInnenkonferenzen GUADEC und Akademy, die mittlerweile für das kommende Jahr als fix gilt, ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Summit

Der weitere Release Plan von Maemo sieht als nächsten Schritt mit "Fremantle" aber ohnehin noch eine Weiterentwicklung der bestehenden Maemo-Lösung auf GTK+-Basis vor. Weitere Details will Gil erst im Rahmen des im September in Berlin erstmals stattfindenden Maemo Summits verraten, nur so viel: "Fremantle ist im Gegensatz zu Diablo [des vor kurzem veröffentlichte, aktuelle Update für das Internet Tablet OS, Anm. Red] eine Major Release".

Annäherung

Einige Details lassen sich aber auch so schon erraten, so hat Nokia bereits durchklingen lassen, dass die Überarbeitung des User-Interfaces seit dem iPhone-Launch eine deutlich wichtigere Rolle einnimmt. Dazu passt auch, dass das Unternehmen die Entwicklung von Clutter, einer Bibliothek, die die Erstellung von animierten, effektvollen Interfaces vereinfacht, unterstützt. Weiters experimentiert man bei Nokia mit der Desktop-Suche Tracker, Location Based Services mithilfe des beim N810 verbauten GPS werden wohl ebenfalls ausgebaut werden.

Hardwae

Wobei allerdings derzeit noch unklar ist, ob die aktuelle Hardware-Generation überhaupt noch in den Genuss von "Fremantle" kommen wird, auf eine entsprechende Zusage will sich Gil derzeit noch nicht festlegen. Auch hier sollte man beim Maemo Summit mehr wissen, momentan gebe es dafür aber noch einige Dinge zu klären.

Hardware

Allerdings streicht der Nokia Produkt-Manager heraus, dass man nicht ewig mit der jetzigen Hardware auskommen wird: Je fortgeschrittener die Software wird, desto höher eben auch die Anforderungen an die Hardware selbst, vor allem wenn man mehrere Programme flott neben einander laufen haben will, stoße man da früher oder später an eine Wand.

Öffnung

Eines seiner zentralen Ziele für die nächsten Monate sei aber auch die weitere Öffnung der Maemo-Entwicklung, etwas das Nokia erst langsam im Umgang mit der Open Source-Community lernen müsse. So soll es künftig wöchentliche neue Releases für des Software Development Kit zu Maemo geben, auch der Maemo Summit sei ein wichtiger Schritt in Richtung "mehr Offenheit".

Vermutungen

Keinen Widerspruch will Gil hingegen zwischen den Bedürfnissen nach Produktgeheimhaltung eines Herstellers wie Nokia und einer maximalen Offenheit gegenüber der Open Source Community. "Das werden wir hinbekommen", zeigt sich der Produktmanager überzeugt. Man müsse lediglich eine strikte Trennung zwischen Informationen für ConsumerInnen und EntwicklerInnen durchführen. Auf den Einwurf, dass es doch über die Software oft möglich ist, auf künftige Hardwareentwicklungen zu schließen, gibt sich Gil gelassen: "Eine Vermutung zu haben ist das Eine, eine offizielle Ankündigung von Nokia etwas ganz anderes". (Andreas Proschofsky aus Istanbul, derStandard.at, 08.07.2008)