Der Vatikan hat im Vorjahr ein Defizit von neun Millionen Euro verzeichnet. Die Dollarschwäche soll sich laut offiziellen Angaben negativ auf die Bilanzentwicklung des Kirchenstaates ausgewirkt haben. Mailänder Finanzkreisen sehen aber nicht nur im schwachen Dollar einen Grund für das Haushaltsloch. Finanzspekulationen – die massiven Investitionen des Vatikans in Wertpapier- und Immobilienwerte – seien ebenso wie die negative Entwicklung der Vatikan-Medien für das neuerliche Defizit verantwortlich.

Bereits in der Vergangenheit standen die Finanzen des Kirchenstaates im Kreuzfeuer der Kritik. Denn das Finanzinstitut des Kirchenstaates, IOR, war wegen unsauberer Finanzgeschäfte in die Schlagzeilen geraten. Von Geldwäsche, Betrügerei und mafiösen Verstrickungen war die Rede. Der einstige IOR-Direktor, der US-Erzbischof Paul Marcinkus, soll mit Mafia-Bankern und Geldwäschern Gelder verschoben und veruntreut haben.

Zwar haben sich die Skandale um die Vatikan-Finanzen inzwischen gelegt. Seit 2004 schreibt der Vatikan dank der in Gang gesetzten Sanierung wieder Gewinne. Transparent sind die Konten aber bis heute nicht.

Mit Einnahmen von 236,7 Mio. Euro und Ausgaben von 245,8 Mio. Euro hat der Haushalt des Kirchenstaates 2007 erstmals wieder ein Defizit verzeichnet. Die Einnahmen aus Finanzgeschäften sanken von 13,7 Mio. auf 1,4 Mio. Euro. Die Dollarschwäche, aber auch die stark verringerten Erträge aus den Dividendenzahlungen und sinkende Aktien- und Immobilienwerte haben sich negativ auf die Finanzentwicklung ausgewirkt.

Rote Zahlen schreiben auch die Vatikan-Zeitung Osservatorio Romano und Radio Vaticana. Die Einnahmen aus den Spenden der Gläubigen, dem Peterspfennig, verringerten sich um 20 Prozent auf 79,8 Mio. Dollar. Die Zukunftsaussichten sind nicht rosig. Italiens Regierung überdenkt auf Anraten Brüssels, den Vatikan-Immobilienbesitz in Italien zu besteuern. (Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand/DER STANDARD, Printausgabe, 11.7.2008)