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In der Ruhe liegt die Kraft...

Foto: Getty/ Bongarts

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Dieses Credo macht Klinsmann mit einer Buddha-Figur in der Lounge von Bayern München und auch beim Training mit den Spielern klar.

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München - Theoretisch müsste der deutsche Fußballfan gerade darben. Der zweite Platz bei der EURO 2008 ist schon wieder Geschichte, Anpfiff für die Bundesliga aber erst am 15. August. Doch Jürgen Klinsmann sei Dank, das Sommerloch füllt dieses Jahr der FC Bayern München. Seit 1. Juli ist er dort Trainer, und in dieser kurzen Zeit hat der "FC Hollywood" mehr Revolutionen erlebt als manch südamerikanisches Land.

"Das Reformieren muss zu einem permanenten Zustand werden. Ich möchte die Spieler auf das nächste Level bringen", hatte der ehrgeizige Schwabe schon vor Amtsantritt verkündet und als eine der ersten Aktionen gleich das neue "Leistungszentrum" des Klubs an der Säbenerstraße mit Buddha-Figuren ausgestattet. Man findet sie auf dem Dach, in der Bibliothek, in der Lounge. Sie sollen für "positiven Energiefluss" sorgen, provozieren fürs Erste im tiefkatholischen Bayern jedoch Streit. "Abwegig" seien diese Figuren, poltert der CSU-Abgeordnete Norbert Geis und kritisiert: "Herr Klinsmann sollte seine religiösen Gefühle nicht seinen Spielern aufzwingen." Die CSU-Mitglieder im Verwaltungsrat von Bayern München wollen demnächst eine Erklärung für die zahlreichen Buddhas.

Geschlossener Abgang

Politiker sind aber nicht die einzigen, die Klinsmann vor den Kopf stößt. Der Reformer mag kein Blitzlichtgewitter. Daher dürfen Fotografen bei den Pressekonferenzen jetzt nur noch in den ersten drei Minuten fotografieren, wogegen rund zwei Dutzend von ihnen bereits mit geschlossenem Abgang bei der ersten Pressekonferenz protestierten. Der Bayerische Journalisten-Verband (BJV) kritisiert außerdem eine weitere Neuerung: Künftig müssen sich alle Medienvertreter, die über die tägliche Pressekonferenz berichten, einen Tag vorher anmelden. Der BJV vermutet, dass kritische Journalisten keinen Zugang mehr erhalten.

Doch auch auf die Spieler kommen einige Neuerungen zu. Sie kriegen einen Acht-Stunden-Tag, müssen das Handy beim Training im Spind lassen und sollen sich in Sprachkursen weiterbilden. Am Tag vor einem Heimspiel müssen sie nicht mehr ins Trainingslager fahren, sondern dürfen zu Hause übernachten. "Jeder schläft bekanntlich zu Hause am besten", sagt "Klinsi", der auch sonst nicht auf die Spielerfrauen vergisst.

Im Club hat er extra eine Kochecke einrichten lassen. Denn: "Wenn die Frauen wissen, was sportgerechte Ernährung ist, und Kochkurse belegen, dann ist das eine Supersache." Gut möglich, dass diese Auffassung von Arbeitsteilung so manchen CSU-Politiker wieder versöhnlich stimmt.

Bayern-Manager Uli Hoeneß zeigt sich zwar "total überwältigt" warnt aber auch: "Das alles schießt keine Tore." Auch Bayern-Präsident Franz Beckenbauer meint: "Ich hoffe, dass die Figuren Glück bringen." Denn der Auftrag der Bayern-Spitze an Klinsmann ist klar: Er muss den deutschen Meistertitel vereidigen und mit dem Club auch endlich wieder die Champions League gewinnen. Zum Saisonstart kämpft Klinsmann jedoch mit einigen Problemen: Franck Ribéry ist immer noch verletzt. Lukas Podolski, der dreifache Torschütze der EURO, möchte lieber zum 1. FC Köln zurück. Außerdem ist die Herbstsaison, die erste ohne Torwart Oliver Kahn. Den mochte "Klinsi" zwar nicht. Aber Kahn hatte mehr Erfahrung als sein 24-jähriger Nachfolger Michael Rensing. (Birgit Baumann, DER STANDARD, Printausgabe, Freitag, 11. Juli 2008)