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Grafik: APA

Wien - In der Kriminalitätsentwicklung für das erste Halbjahr 2008 gibt es ein erfreuliches Minus: Insgesamt ist die Anzahl von Anzeigen, verglichen mit den ersten sechs Monaten des Vorjahres, um knapp sechs Prozent auf 278.861 zurückgegangen (siehe Grafik unten). Trotzdem musste Innenministerin Maria Fekter (VP) am Freitag ihre Stirn in Sorgenfalten legen. Und Schuld daran sind die Kinder. Genauer: kriminelle Kids. Ihr Plus beträgt 32 Prozent.

 

3397 Kinder zwischen zehn und 14 Jahren mussten heuer bereits "amtsbehandelt" werden. Bestraft werden können sie höchstens von ihren Eltern, vor dem Gesetz sind Kinder erst ab dem 14. Lebensjahr strafmündig. Die am meisten verbreiteten Delikte sind Vandalismus, Drohungen und Diebstähle. Junge Gauner haben es vor allem auf Unterhaltungselektronik wie Mobiltelefone und MP3-Player abgesehen, aber auch auf Marken-Bekleidung.

Um zu verhindern, dass immer mehr kriminelle Karrieren schon im Kindesalter beginnen, will Fekter auffälligen Rabauken zur Abschreckung zeigen, was ihnen später blüht: Jugendgefängnisse. Im Gespräch mit dem Standard zeigte sich die Ministerin auch einer Absenkung der Strafmündigkeit von 14 auf 13 Jahre nicht abgeneigt. "Aber nicht, um sie ins Gefängnis zu stecken", stellt Fekter klar, sondern um möglichst früh schon Diversion anzuwenden. "Das könnte von gemeinnützigen Arbeiten gehen bis hin zu Entschuldigungen bei Opfern", so Fekter. Ihr gehe es in erster Linie darum, das Unrechtsbewusstsein von Heranwachsenden zu schärfen.

Im Justizministerium ist man hingegen "schlicht dagegen", das justizielle Sanktionssystem für unter 14-Jährige anzuwenden. "Da müssen andere Maßnahmen wie die Jugendwohlfahrt greifen", ist Thomas Geiblinger, der Sprecher von Justizministerin Maria Berger (SP), überzeugt. Man wolle kein Strafsystem wie in England, wo schon Zehnjährige vor Gericht stehen könnten.

Auch beim kürzlich von der Datenschutzkommission ausgesprochenen Verbot von Videoüberwachung in Schulen gehen die Meinungen auseinander. Fekter bedauert das Verbot ausdrücklich. Ihrer Meinung nach sollte das Schulorganisationsgesetz "nachgebessert" werden, um Kameras in Schulen zur Vermeidung von Vandalismus einsetzen zu dürfen.

Zweifel an Zahlen

Im Justizministerium hegt man überhaupt Zweifel an der starken Zunahme von Kinderdelikten. Denn erst seit heuer müssten gemäß der Anpassung des Jugendgerichtsgesetzes an die neue Strafprozessordnung derartige Fälle der Staatsanwaltschaft gemeldet werden. Früher sei dies im Ermessen der Polizei gelegen. Und aus diesem Grund sei ein Vergleich "unzulässig". (Michael Simoner/DER STANDARD, Printausgabe, 12./13. Juli 2008)