Wer Faymann wählt, wählt Dichand, die SPÖ nimmt man dann so nebenbei mit in Kauf. Dazu werden manche vielleicht sagen: Es reicht! Aber immerhin ist damit auf der einen Seite für etwas mehr Klarheit gesorgt als im Lager derer, denen es gereicht hat. Denn Dichand fährt zum Thema EU denselben Kurs wie FP-Obmann Strache, mit dem auch nur einen einzigen Tag in einer Koalition zu sitzen Faymann sich aber keinesfalls vorstellen kann. Bei Dichand hätte er damit kein Problem, käme der nur einmal aus dem Vorhof der Macht gekrochen. Und als aufrechter Sozialdemokrat hat er recht: Wozu denn Wehrsport, wenn einem für eine ganz ähnliche Kür auch noch eine mediale Krücke zur Verfügung gestellt wird?

Bei Molterer hingegen kennt sich in EU-Fragen keiner aus. Vermutlich weil er sich brieflich nicht so gut ausdrücken kann. Kein Wunder, dass Dichand ihn nicht versteht. Dabei hat er sich diese Woche sehr bemüht und will es der ÖVP leichtmachen, obwohl die schon einmal ein Rettungsangebot schnöde zurückgewiesen hat. Diese griffige Kurzformel - "Jetzt reicht 's!" hätte er auch aus sehr vielen Leserbriefen der "Krone" herauslesen können, konnte Cato dem ÖVP-Obmann Mittwoch einen Vorwurf nicht ersparen. Dass Molterer diese griffige Kurzformel vielleicht ohnehin aus der "Krone" herausgelesen hat, traut er ihm einfach nicht zu.

Wie auch? So weit, so gut, aber wenn Molterer hinzufügte "Ich will Nummer eins werden!", könnte er damit auch zu hoch gegriffen haben. Und zwar viel zu hoch, denn Nummer eins ist in diesem Land nur einer, was Faymann schon begriffen hat. Immerhin müsste er - Molterer - bedenken, dass gerade er als Vizekanzler sich ganz und gar auf die Seite der EU begeben hat. Aber hat Molterer als Vizekanzler das bedacht? Mitnichten! Die starre ÖVP-Haltung zu vielen anderen Problemen, die uns geradezu diktiert werden, könnten sich bei Neuwahlen als Bleigewichte erweisen.

Wenn sich die starre ÖVP-Haltung bei Neuwahlen als Bleigewichte erweisen könnten, wäre es höchste Zeit für einen Brief an den sehr geehrten Herausgeber. Aber da kommt nichts. Ich habe sowohl mit dem Vizekanzler Molterer als auch mit der Frau Außenminister Plassnik erst vor kurzem Gespräche führen können, die nichts, aber auch gar nichts ergeben haben, was auf eine positive Veränderung hindeuten würde. Die wollen einfach nicht den Faymann machen! Im Gegenteil: Die Frau Außenminister hat allen Ernstes gemeint, mein Versuch, sie davon zu überzeugen, zum Beispiel eine Volksabstimmung aufgrund des Verfassungssatzes "Das Recht geht vom Volk aus!" durchzusetzen, sei ein "unmoralisches Angebot" ...

Das Angebot war zwar, die ÖVP zu retten, sollte sie anerkennen, dass das Recht von Hans Dichand ausgeht, aber wenn sich die Frau Außenminister davon unbeeindruckt zeigt, dann rettet er halt den nächsten, der ein unmoralisches Angebot zu schätzen weiß. Faymann braucht nicht zu glauben, dass er allein im Genuss des Rettersyndroms steht. Selbst in der ÖVP gibt es Persönlichkeiten, die Neues anstreben, die Erfrischung bedeuten, entdeckte Cato am Donnerstag. Da ist zum Beispiel dieser Fritz Dinkhauser, der aus dem ÖVP-Lager kommt, und bei den letzten Tiroler Wahlen auf Anhieb mit seiner Liste 61.795 Stimmen gewinnen konnte, was 18,3 Prozent bedeutet. Wer ist aber dieser Mann, dem solch ein Erfolg auf Anhieb gelingen könnte? Immerhin war er lange Präsident der Arbeiterkammer für Tirol, aber das ist nur eine Qualifikation. Am 16. April 1940 in Innsbruck geboren, wurde er sechsfacher Tiroler Meister im Hammerwerfen und nahm als Bobfahrer an den Olympischen Spielen 1968 in Grenoble teil. Daher: Er ist einer von denen, an die man glauben kann, wenn es darum geht, dass sie eine positive Wendung für unser Land bewirken können.

Immerhin, Faymann übt Synchronschwimmen mit der "Krone". Aber was tut Molterer, um einer von denen zu werden, an die man glauben kann, wenn es darum geht, dass sie eine positive Wendung f. u. L. bewirken können ? Auch egal, denn bereits Dienstag hat Cato entschieden, wie es weitergeht in der Republik. Die beiden großen Parteien, ÖVP und SPÖ, oder sogar die eine oder andere mehr, werden sich wieder mit neuen Gesichtern zu einer Koalition finden. Es wird eine Koalition der Mitte sein. Erste Konturen einer solchen Zusammenarbeit aus einer Mitte neuen Wollens, gegenseitigen Verständnisses und der Toleranz bemerken wir schon seit einiger Zeit. Was sonst sollte diese Mitte neuen Wollens sein als der Nabel des "Krone" -Herausgebers? (Günter Traxler, DER STANDARD; Printausgabe, 12./13.7.2008)