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Mitglieder des der Hisbollah nahestehenden "Islamic Health Committee" übernehmen an der Grenze zu Israel die sterblichen Überreste libanesischer und palästinensischer Kämpfer.

Foto: Reuters/Anwar Amro/ICRC/

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Eldad Regev und Ehud Goldwasser werden Donnerstag bestattet.

Foto: AP

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Samir Kuntar nach seiner Entlassung aus dem israelischen Gefängnis Hadarim in Netanya. Kuntar ist einer der fünf Gefangenen, die gegen die sterblichen Überreste der beiden israelischen Soldaten Ehud Goldwasser und Eldad Regev ausgetauscht werden sollen.

Foto: REUTERS/Israel Prison Service

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Hisbollah-Männer bei der Übergabe der Särge mit den sterblichen Überresten von Ehud Goldwasser und Eldad Regev an das Rote Kreuz.

Foto: AP /Issam Kobeisy/

Israel und die Hisbollah haben einen spektakulären Gefangenenaustausch abgewickelt. Israel erhielt die sterblichen Überreste zweier Soldaten und ließ vier Hisbollah-Kämpfer und einen verurteilten Mörder frei.

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Es war genau 9.40 Ortszeit, als gestern in Israel die letzten Zweifel beseitigt wurden. Im Hisbollah-Fernsehen war zu sehen, wie in Nakoura auf der libanesischen Seite der Grenze zwei schwarze Särge aus einem Fahrzeug geladen wurden. Bis zu dieser Sekunde hatten die Angehörigen von Ehud Goldwasser und Eldad Regev noch einen Funken Hoffnung gehabt, dass die beiden vor zwei Jahren verschleppten Soldaten vielleicht doch noch am Leben sein könnten.

Die Übergabe und Identifizierung der Toten dauerte noch gut sechs Stunden. Dann war der Weg frei für die israelische Gegenleistung. Fünf libanesische Gefangene, darunter der wegen mehrfachen Mordes zu fünfmal lebenslänglicher Haft verurteilte Samir Kuntar, konnten die Grenze in Richtung Libanon in zwei Minibussen überqueren, wo sie ein Heldenempfang erwartete. Shimon Peres hatte Kuntar, der bei einem Terrorüberfall 1979 unter anderem ein vierjähriges Mädchen erschlagen hatte, am Dienstagabend "mit großem Schmerz" begnadigt.

Die Begnadigung „stellt in keiner Weise eine Vergebung dar", betonte Peres, den Angehörige von Kuntars Opfern noch in letzter Minute umzustimmen versucht hatten. Nicht nur wegen der Freilassung Kuntars, sondern auch wegen der Unausgewogenheit war das „Geschäft" in Israel umstritten.

„Wir sind das einzige Land der Welt, das Terroristen gegen Leichenteile eintauscht", sagte der Abgeordnete Juval Steinitz von der oppositionellen Likud-Partei. Jaron Cohen, ein junger Reserveoffizier, der bei Rosh Hanikra auf der israelischen Seite der Grenze die Vorgänge beobachtete, war hingegen „zufrieden, weil es das Wichtigste ist, unsere Soldaten heimzuholen, egal in welchem Zustand". Die Vereinbarung zwischen Israel und der Hisbollah war nach fast zwei Jahre währenden indirekten Verhandlungen unter deutscher Vermittlung zustande gekommen und wurde mithilfe des Roten Kreuzes abgewickelt, das die Särge der Israelis auf der libanesischen Seite der Grenze von der Hisbollah übernahm.

In zehn großen weißen Rotkreuz-Lastwagen wurden nach und nach auch die Leichen von 199 Libanesen überstellt, die bei Kampfhandlungen gefallen und provisorisch in Israel begraben waren.

Auf Kuntar, der ursprünglich von einer palästinensischen Organisation rekrutiert worden war, aber dann von der Hisbollah zu einer Symbolfigur gemacht wurde, und die mit ihm freigekommenen Hisbollah-Kämpfer wartete bei Kantura ein „Siegestor" in den gelben Farben der Schiitenmiliz. Die Männer wurden mit Hubschraubern nach Beirut geflogen, auf dessen internationalen Flughafen sie am Mittwochabend ankamen.

Samir Kantar sowie vier Hisbollah-Kämpfer wurden von Präsident Michel Sleimane, Ministerpräsident Fuad Siniora, Parlamentspräsident Nabih Berri, Parlamentsabgeordneten und einem Vertreter der Hisbollah begrüßt. „Eure Rückkehr ist ein Segen für uns alle", sagte Sleimane in einer Ansprache

Anschließend fand in Beirut eine Großkundgebung statt, bei der Hisbollah-Scheich Hassan Nasrallah einen seiner aus Sicherheitsgründen sehr raren Auftritte hatte und die Befreiten stürmisch begrüßte.

Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas hat Kuntar als „Doyen der arabischen Gefangenen" gewürdigt und dessen Familie zur bevorstehenden Freilassung des 45-Jährigen beglückwünscht. Die im Gazastreifen herrschende Hamas nannte den Gefangenenaustausch einen „Sieg des Widerstandes" über Israel. Dies sei der Beweis, dass die Entführung von israelischen Soldaten der beste Weg sei, um arabische Gefangene in israelischer Haft freizubekommen.

Israels Premier Ehud Olmert bedauerte die Freudenfeiern im Libanon. „Wehe einer Nation, die die Freilassung eines ,menschlichen Tieres‘ feiert, das den Kopf eines vier Jahre alten Mädchen zerschmettert hat", so Olmert, der sich damit auf Kuntar bezog.  (Ben Segenreich aus Rosh Hanikra/DER STANDARD, Printausgabe, 17.7.2008)