Stefan Ender
Es fällt ja schwer zu behaupten, dass es die Grundidee war, die nicht getragen hätte. Im Gegenteil: Die Unvereinbarkeit von Körper und Geist ist wohl als das ewige, quasi systemimmanente Dilemma dieses kuriosen physisch-psychischen Kombi-Packs Mensch zu bezeichnen und also Zentralthema in dessen Kunstschaffen seit Anbeginn, auf immerdar und überhaupt.
Nicht ohne Reiz auch der Einfall, diese Dualität auf dem Gebiet der Komposition widerzuspiegeln und die Einheit Werk gleich von zwei Tonschöpfern gestalten zu lassen. Nur: Der Weg von einem stichhaltigen künstlerischen Konzept zu dessen überzeugender Umsetzung ist halt ein weiter und gefahrenvoller; an dieses Faktum wurde man bei der Uraufführung des
Automatischen Teufels
im Künstlerhaus erinnert.
Zur Handlung: Kopf und Körper treffen in den Gängen eines heruntergekommenen Beherbergungsbetriebes aufeinander, versuchen wiederholt, zueinander zu finden, scheitern aber letztendlich. Kommentiert wird das slapstickhafte Geschehen von einer dreifaltigen Wirtsfamilie (mittendrin gottgleich
Santo Spirito-
Urvater Günter Rupp als grandiose Karikatur seiner selbst) und einem Stubenmädchen (freundlich-bestimmt Julia Höfer).
Klanglich limitiert
"Das musikalische Dilemma", so der Untertitel dieses neuen Werkes, begann nun damit, dass sich das Komponistenduo Jury Everhartz und Daniel Pabst so sehr beschränkte: Die Festlegung auf ein metrisch fixiertes Zwölftonsystem sowie auf ein klanglich eher limitiertes Instrumentalensemble trug nicht gerade zur Vielfarbigkeit der Aufführung bei - wie auch die eher mäßige Spielfreude der sechs Musiker (unter der Leitung von Bernhard Ott).
Der "Körper"
in Gestalt von Bernd Fröhlich war eher ein Körperchen, auf Geheiß von Regisseurin Kristine Tornquist musste der Arme eine Stunde lang wie ein Mini-Tarzan durch die Gegend hüpfen und "aaaooo"en (Libretto: Dora Lux). Das hätte er mit dieser schönen Stimme wirklich nicht nötig gehabt.
Um einiges gelungener dann schon die "Kopf"-Partie: Gerlinde Illich gab eine an die junge Maggie Smith gemahnende, zickige Gouvernante (sehr nett und disneyhaft eingekleidet von Susanne Matsché) und legitimierte so geschickt das herrlich Spröde, Durchdringende ihres Soprans.
(DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28. 9. 2000)