Am 23. September wurde die Anthologie „Die Sprache des Widerstandes ist
alt wie
die Welt und ihr Wunsch. Frauen in Österreich schreiben gegen rechts“ im
kosmos
frauen.raum präsentiert. Ursprünglich wollte der Milena Verlag anläßlich
seines
20-jährigen Bestehens eine Anthologie herausgeben, die ein Zeichen
setzen sollte
v.a. für die Funktion dieses Publikationsortes, ein Ort, der
Frauenstimmen
sammelt und publik macht, und die Idee der Verlegerinnen war eine
Sammlung der
Texte von Autorinnen aus Österreich und jenen aus aller Frauen Länder,
die hier
in diesem Land leben. Texte, die auch Bezug nehmen auf dieses Leben und
Zusammenleben, die diese sehr unterschiedlichen Frauen-Lebens-Welten in
der
einen oder anderen Weise literarisch oder auch essayistisch
reflektieren.
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Dann
allerdings waren die politischen Veränderungen sehr viel schneller als
diese
Projektplanung, und die Situation spätestens nach dem 4.2.2000 machten
Schritte
von seiten des Verlages notwendig: Die Ausschreibung nämlich einer
Widerstandsanthologie mit dem Arbeitstitel „Sprache ist Handeln“,
gerichtet an
alle in Österreich lebenden Autorinnen.
So entstand die wohl wichtigste Publikation dieses Jahres, die bereits
unmittelbar nach
der Ausschreibung „erfreuliche, spontane Reaktionen von
Wissenschafterinnen
und Literatinnen“ hervorrief, wie Karin Ballauff vom Verlag erzählt. Die
sehr gelungene Dokumentation, eine Mischung von Frauenstimmen, sei nicht
nur
ein Anti-Regierungsbuch, vielmehr finde sich in ihr „eine breit
gefächerte
widerständische Sprache“. Dementsprechend groß ist die Resonanz beim
Buchhandel, bei LeserInnen und KäuferInnen und nicht zuletzt von seiten
der
Presse.
20 Jahre Literatur und Wissenschaft von Frauen
Anthologien gehören seit Bestehen des Milena Verlages (früher Wiener
Frauenverlag) zum festen Programm, hinter dem die Grundidee der
Förderung
von Autorinnen steht. Sie bieten noch unbekannten Autorinnen die
Möglichkeit,
einen Einstieg in den literarischen Kontext zu finden. 1980 wurde das
Frauenprojekt als Verein gegründet - aus dem Mißbehagen schreibender
Frauen
heraus, die sich mit ihren Texten im Bereich der etablierten
konventionellen und
männlich dominierten Verlagsprogramme nicht zu Hause fühlten, sowie dem
Unmut
der Leserinnen, die ein Ungleichgewicht zwischen ihrem Verlangen,
österreichische sowie internationale
Gegenwartsautorinnen zu lesen, und dem Angebot in den Buchhandlungen
sahen.
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Außer dem Idealismus und dem Arbeitseinsatz der Frauen stand kein
Kapital
dahinter. In den zwei Jahrzehnten gab es immer wieder wechselnde
Teamkonstellationen, und die jeweiligen Herausgeberinnen und
Mitarbeiterinnen
setzten und setzen jeweils verschiedene Schwerpunkte. Eine Grundlinie
jedoch
zieht sich durch das ganze Programm: der feministische Anspruch in
Verbindung
mit der Förderung von Autorinnen in den Bereichen Literatur und
Wissenschaft.
Lücke gefüllt
Mit den sich verändernden Marktverhältnissen stellt sich die Frage, in
welchem Bereich Bedarf für Bücher besteht. Lesbenbücher gab's von Beginn
an
im Programm, sie gingen jedoch im ganzen Angebot des Milena Verlages
unter.
„Deshalb war es höchste Zeit, die Reihe Lesbenliteratur einzuführen, und
die
große
Nachfrage ist sehr erfreulich. Wir haben mit dieser Reihe eine Lücke
gefüllt und ergänzen mit unseren Büchern die Lesbenliteratur insgesamt,
was wir
ausgesprochen wichtig und notwendig finden", so Karin Ballauff.
Im Rahmen dieser Reihe erschien im Frühjahr der Fantasyroman von
Claudia Rath ("Die Midlandprophezeiung"), der in einer reinen Frauenwelt
-
die bei weitem keine „heile“ ist - spielt. Mit diesem wunderschön
geschriebenen,
spannenden Buch geht der Verlag ein bisschen in eine neue Richtung, in
die weite
Welt der Fantasy. Nun folgt schon in Kürze der zweite Band, „Die
Schattengeherin“. Die Reaktionen der
Leserinnen dieser „Midland-Saga“ geben Milena recht.
Sprachlosigkeit
Am 7. Oktober wird im Pensionisten-Wohnhaus Mariahilf anläßlich des
40jährigen
Jubiläums des Wiener Kuratoriums für Pensionistenwohnhäuser das Buch
„Mahlzeit“ (Hg. von Gudrun Perko) präsentiert: Samstag, 10 Uhr,
Loquaipl. 5,
1060 Wien.
Dieser Dokumentationsband basiert auf Interviews mit Frauen zwischen 70
und 100,
die aus ihren Erinnerungen erzählen. Die Geschichten dieser Frauen
kreisen
vorwiegend um die Zeit vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg, es
sind
Alltagsgeschichten, die zwar vom Kernthema „Essen“ ausgehen, jedoch weit
darüber
hinaus einen besonderen Einblick in jene Zeiten ermöglichen. Diese sehr
schöne
Zusammenstellung, ergänzt durch viel Bildmaterial und Fotos, zeigt auch
Leerstellen auf, z.B. in bezug auf den Nationalsozialismus, dessen
Greuel
ausgeklammert werden, was aber auch in weiten Teilen die Sprachlosigkeit
vermittelt.
Aktuelle Situation
Der Milena Verlag gibt pro Jahr 8 bis 14 Bücher heraus, je nach Umfang
und
Aufwand einzelner Projekte und je nach finanziellen Möglichkeiten. Das
Angebot
reicht von wissenschaftlichen über
literarische Bücher bis zu Dokumentationen, Krimis sowie der Reihe
Gesundheit
und Wohlbefinden. Geld ist damit leider noch lange nicht anzuhäufen. Die
Situation
war noch nie einfach, spitze sich jetzt aber zu. „Wir sind dieses Jahr
seit Bestehen der staatlichen Verlagsförderung erstmalig leer
ausgegangen", teilt Karin Ballauff mit. "Eine in diesem Land
einzigartige
Publikationsstätte, die als Nahtstelle zwischen feministischer Kultur
und
Öffentlichkeit entscheidende Vermittlungsarbeit leistet, soll
stillschweigend
fallengelassen werden. Dies aber wollen wir nicht stillschweigend
hinnehmen,
sondern wir wollen und werden den Stimmen weiblicher Kreativität und
Gesellschaftskritik weiterhin deutlich Gehör verschaffen. Wir sind
nun um so mehr auf unsere LeserInnen, KäuferInnen und auf den Buchhandel
angewiesen."
Andere Möglichkeiten werden bereits überlegt. Was ist jedoch mit den
vorhandenen Kapazitäten möglich? Die derzeit drei Frauen (nicht alle
Fulltime)
sind mit Programmgestaltung und Buchproduktion schon völlig ausgelastet.
Oft
wird gar nicht
mitbedacht, was in einem Verlag alles zu tun ist: Vertrieb,
Finanzierung,
Organisation, Vorschau(-versand), etc. „Es ist insgesamt ein ziemlich
großer, langwieriger aber auch sehr spannender Prozeß, und unsere
jeweiligen
Praktikantinnen sind für uns immer eine sehr große
Unterstützung!“
Kooperation mit der Autorin
Der Milena Verlag bekommt viele Manuskripte zugeschickt, im Schnitt zwei
pro
Woche. Alle werden gesichtet, wobei bei vielen sehr bald klar ist, daß
sie
nicht ins Programm passen. „Treffer“ aus diesen Einsendungen sind
selten.
Wird ein Manuskript ausgewählt und als Buch veröffentlicht, so ist auch
das
Engagement der entsprechenden Autorin für ihr Buch gefragt und
erforderlich.
"Wir verstehen unsere Zusammenarbeit mit den Autorinnen als wirkliche
Kooperation, was wir auch sehr fein finden."
Wie ist die Arbeit als Verlegerin? "Immer wieder ur-anstrengend, denn
wir
würden im Grunde zwei Mitarbeiterinnen mehr brauchen, was sich
finanziell aber
leider
nicht ausgeht. Es ist dennoch immer wieder schön zu sehen, was wir
geschafft
haben!"
Kontakt
Milena Verlag
Lange Gasse 51/10
1080 Wien
Tel.: 01/402 59 90
Fax: 01/408 88 58
Kontakt: Karin Ballauff, Martina Kopf, Johanna Meraner
frauenverlag@milena-verlag.at
(Die Homepage des Verlages ist noch in Arbeit.)
Daniela Yeoh
Rezensionen finden sich auf der Homepage des
Frauenzimmer
oder unserer Bücherseite.