Geschlechterpolitik
"Frauen-Boxen wird uns hoffentlich bei Olympischen Spielen erspart bleiben"
Zitrone einer Leserin an die Herren Weiss und Wallner
Mit zunehmender Verblüffung lauschte eine Leserin Sonntag abends dem Resümee, dass Leo Wallner
(ÖOC) und Erich Weiss zu den Olympischen Spielen 2000 zogen.
...Zuerst
viel Lob, dann wandte mann sich den Problemen zu. Und es ist tatsächlich ein
Problem, zumindest gibt es eine Diskussion darüber, daß gewisse
Frauensportarten "nicht sehr feminin" wirken, sagt einmal "sehr vorsichtig"
Erich Weiss. Wie klingt das, wenn er es nicht sehr vorsichtig sagt?
Natürlich gibt es viel zu viele Sportarten und da könnte mann doch die
"nicht sehr weiblichen" eventuell eliminieren? Weil, die weiblichen
Speerwerferinnen sind nicht gerade ansehnlich. ("Die schaut ja aus wie ein
Mann!" spricht der Volksmund).
Olympisches Feuer fressen Gehirnzellen auf
Herr Leo Wallner bestätigt prompt, daß hier
viel zu viel Gleichmacherei betrieben wurde, in Zeiten von
Frauenemanzipation und -selbstständigkeit habe mann geglaubt, das machen zu
müssen, auch wenn gewissen Sportarten nicht gerade fraulich seien.
"Frauen-Boxen wird uns hoffentlich bei Olympischen Spielen erspart bleiben",
schließt der freundlich-fröhliche Erich Weiss.
Was macht nun eine Sportart weiblich bzw. männlich?
Also Boxen ist männlich, hat Erich Weiss gesagt. Irgendwie logisch, dass auch
Gewichtheben nicht weiblich ist. (Weil, da schaut die Sportlerin nicht mehr so hübsch
aus, wie mann sich das gerne vorstellt?)
Wie weiblich schaut eine Inderin auf einer Baustelle aus, die 50 kg Zement
am Kopf trägt? Wie hübsch sahen im letzten Jahrhundert Frauen und Kinder
aus, die in Bergwerken arbeiteten, weil ihre Körper schmächtiger und kleiner
waren, sie in schmalere Stollen arbeiten konnten und außerdem mußte mann
ihnen nur die Hälfte bezahlen? Gut, wird mann sagen, solche Barbareien
haben wir überwunden, zumindest in den westlich-zivilisierten Ländern.
Leider haben die Sportredaktions-Mitarbeiter des ORF (öffentlich-rechtlicher Rundfunk, der
Objektivität gesetzlich verpflichtet) gewisse Denkmuster in ihren Köpfen
noch nicht überwunden.
Jeder Turmspringer kann als Unterhosenmodell brillieren, ist damit seine
Männlichkeit gefährdet?
Oder gibt es im Olympischen Komitee eine Diskussion darüber, daß die
durchschnittliche Turnerin 1,50 m groß ist und 15 Jahre alt? Eine Diskussion
darüber, warum Höchstleistungen in diesen Sportarten offensichtlich mit 20
Jahren nicht mehr möglich sind? Gehörten diese Sportlerinnen nicht eher zu
den Olympischen Spielen für Kinder?
Bloss keine Grenzen aufweichen
Von diesen Dingen konnte frau in der Berichterstattung des ORF nichts hören.
Aber von unweiblichen Sportarten, die eigentlich, so der Unterton, unnötig
sind. Sport muß doch immer als Vorbild für die Jugend dienen, ist als
Erziehung zum moralischen Menschen gedacht. So ist doch immer die
Begründung, warum soviel Sport und so ausführlich und so viel und ... Eine
Speerwerferin ist kein Vorbild für junge Mädchen, kein Bild von Kraft,
Durchhaltevermögen, Höchstleistung. Denn die Bilder, die die Herren der
ORF-Sportredaktion und Herr Leo Wallner sehen wollen, sind zierliche
Kindfrauen oder muskulöse, straffe weibliche Formen, aber bloß nicht zu
männlich. Denn männlich ist nicht weiblich, schließlich muß mann sich
abgrenzen, sonst weiß er gar nicht mehr, wer er ist.
Angst vor Frauenboxen?
Frau muss wohl eher Angst davor haben, dass Männer wie Erich Weiss
und Leo Wallner festlegen, was eine weibliche Sportart ist und was nicht.
Gleichberechtigung bedeutet, daß jedeR ungeachtet ihres/seines Geschlechtes das
tun darf, was ihr/ihm Freude macht.
Mit
Gleichmacherei war wohl gemeint, "Bitte macht aus den Frauen keine Männer!
Frauen sollen doch Frauen bleiben!" Und wenn Frauen Boxen wollen, so ist
Herr Erich Weiss dagegen. Und wenn sie Speere werfen, so ist das nicht
feminin. Hat er schon einmal daran gedacht, daß nicht alle Frauen feminin
sein wollen? Nein, Herrn Weiss´ Weltbild besteht aus ganz bestimmten Frauen
und Männer und sie leben in getrennten Welten. Zumindest manche Sportarten
dürfen sie nicht teilen.
Wie traurig, daß er das bei den Olympischen Spielen 2000 sagen darf. Und es
zeigt, welch winzigen Schritte die Emanzipation erst gemacht hat.
Danke für den Beitrag!
Noch mehr ist sexistischerweise abgesplittert:
Servas de Buam! oder Zitrone für Rainer Pariasek