Es zeichnet jeden Tastenklick auf, liest jede E-Mail und registriert in privaten Internet-Chatrooms Wort für Wort die Unterhaltungen: Eigentlich war das Programm für Eltern gedacht, die kontrollieren wollten, was ihre Sprösslinge im Internet so alles anstellen. Doch der große Erfolg für die Schnüffelsoftware Spector kam, als betrogene Frauen und Ehemänner in den USA das Programm entdeckten. Von da an boomte das Geschäft. Inzwischen entwickelt die Firma Spectorsoft bereits eine deutsche Version. "Durch ihre Software kenne ich jetzt die ganze Wahrheit" Auf der Webseite der Firma, wo das Programm für knapp 70 Dollar (79,9 Euro/1.099 S) zum Herunterladen angeboten wird, häufen sich die Danksagungen betrogener Männer und Frauen. "Durch ihre Software kenne ich jetzt die ganze Wahrheit. Ich weiß, mit wem sie mich wann und wo betrog und wie sie mich darüber belog, was sie im Internet machte", schrieb ein Kunde. Eine Frau aus Seattle dankte enthusiastisch: "Durch Spector habe ich erfahren, was für ein perverser Kerl mein Verlobter ist. Vielen Dank, dass Sie mich davor bewahrt haben, diesen Lump zu heiraten." In der "Washington Post" schildert der 46-jährige Greg, wie er wochenlang die Flirts seiner Frau im Internet verfolgte. Die Schnüffelsoftware zeigte ihm alle sexuellen Avancen, die sie einem Mann in Nebraska machte. Er zog die Konsequenzen und reichte nach 22 Jahren Ehe die Scheidung ein. Alles wird aufgezeichnet Spector und andere Schnüffelprogramme funktionieren ähnlich wie ein Videorekorder. Sie zeichnen alles auf und spielen es anschließend Bild für Bild wieder ab. Selbst Passwörter werden so entschlüsselt. Nach außen hin warnt die Herstellerfirma davor, die Software ohne das Wissen der anderen Familienmitglieder zu installieren. Gleichzeitig werden aber Tipps gegeben, wie auch Laien das Programm so auf dem Computer laden können, dass selbst Experten Schwierigkeiten haben, die Software zu finden und somit ahnungslos bleiben. Die Zeitschrift "Newsweek" schilderte einen Fall, in dem eine Frau ihrem Mann mit Hilfe von Spector auf die Schliche kam. Sie reichte die Scheidung ein, ohne ihm je zu verraten, wie sie erfahren hatte, dass er eine Affäre hatte. In der "New York Times" schilderte eine Frau dagegen, wie sie mit dem Schnüffelprogramm entdeckte, dass ihr Mann regelmäßig Pornoseiten im Internet besuchte und in Chatrooms gegenüber Frauen prahlte, dass er seit 15 Jahren eine Affäre hat. Er wusste nicht, dass er am Computer belauscht wurde, bis seine Frau die Scheidung einreichte und ihm der Anwalt Dutzende Seiten mit den Ausdrucken seiner Internet-Abenteuer vorlegte. Gesetze nicht für Schnüffelsoftware ausgelegt Viele Experten sind sich in ihrer Haltung gegenüber Spector und anderen ähnlichen Programmen unschlüssig. Klar sei lediglich, dass die bisherigen Abhörgesetze nicht für Schnüffelsoftware ausgelegt seien. Der Anwalt Mike Goodwin erklärte, es wisse zwar nicht, ob das Ausschnüffeln legal sei oder nicht. Er persönlich wolle aber wissen, ob ihn jemand auf seinem Computer belausche. Simson Garfinkel, der ein Buch über die Gefahren für die Privatsphäre im Internetzeitalter geschrieben hat, sprach sich für eine nationale Gesetzgebung aus. Andere Experten vertreten die Auffassung, es bedürfe keiner neuen Gesetze. Betrogene Männer und Frauen hätten seit Jahrhunderten heimlich die Tagebücher und Briefe ihrer Ehepartner gelesen und dies sei nur die moderne Version im Internetzeitalter. (dpa)