Anlässlich der Übergabe der neu errichteten Synagoge wird die wechselvolle Geschichte der jüdischen Kultur in der Steiermark genauer untersucht.
Graz - Ganz im Zeichen der Übergabe der neu errichteten Synagoge in Graz (am 9. November) steht das Herbstprogramm des
Grazer Geschichtsvereines "Clio": In Führungen zu den "Spuren jüdischen Lebens in der Steiermark", einer Ausstellung, Vorträgen und
Lesungen will man auf die wechselvolle Geschichte der jüdischen Kultur in der Steiermark und des Judentums allgemein aufmerksam machen.
Der Auftakt wird mit einem Vortrag über die neuesten archäologischen Entdeckungen in Jerusalem gesetzt.
Am 18. Oktober wird der Vizepräsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Otto G. Klein, die Ausstellung "Die Synagogen in Graz" in der
Unterkirche der Grazer Herz-Jesu-Kirche eröffnen, die bis zum 11. November zu sehen sein wird. Die Dokumentation will einen Rückblick
vom Beginn der Grazer jüdischen Gemeinde um 1260 bis ins ausgehende 19. Jahrhundert geben.
Vom Mittelalter zum Holocaust
Elf Stationen hat der Rundgang zu den "Spuren jüdischen Lebens in Graz". Er führt am 4. und 11. November (jeweils 14.00 Uhr) zu Relikten
aus dem Mittelalter aber auch zu Plätzen, die eng mit der Geschichte der Vertreibungen und der Ermordung der Grazer Juden zu tun haben:
Ihren Ausgang nimmt der Rundgang beim Synagogenplatz am Grazer Grieskai, wo sich bis 1938 die im Jahr 1892 errichtete Synagoge
befand und wo am 9. November - nach über 60 Jahren - der Neubau eingeweiht werden soll. Der weitere Weg führt u.a. vorbei am
ehemaligen jüdischen Friedhof, dessen Steine schon Mitte des 16. Jahrhunderts - nach der Vertreibung der Juden aus Graz - als Baumaterial
für das Jagdschloss Erzherzog Karls in der Karl-Au benutzt wurden. Nur ein Grabstein befindet sich im ersten Hof der Grazer Burg.
Während vom mittelalterlichen Ghetto in der Grazer Innenstadt wenig übrig geblieben ist, kann man die leidvolle Geschichte der Grazer Juden
nach 1938 noch an mehreren Baudokumenten nachvollziehen: Über die Notunterkunft der so genannten "Liquidationskultusgemeinde", wie
die IKG nach der Vertreibung aus ihrem ursprünglichen Amtshaus im Jahr 1938 genannt wurde, der "Vermögensverkehrsstelle zur
Überwachung der Arisierung jüdischer Betriebe" in der Schmiedgasse bis zum Kaufhaus Kastner und Öhler, dessen ehemaligen Mitbesitzer
Franz Öhler ins KZ Buchenwald eingeliefert wurde und dort einen Tag nach der Befreiung starb. Das Grazer Kaufhaus war 1938 den
nichtjüdischen Mitgliedern der Familie übertragen und in "Alpenlandkaufhaus" umbenannt worden. (APA)