Ursula Kneiss
Wien - Seit Jahren fördern und unterstützen dietheater Wien den heimischen Tanznachwuchs. So bot man gleich zum Auftakt des Festivals imagetanz 2000 , das bis 21. Oktober im Künstlerhaustheater stattfindet, die mit der neu formierten Kompanie "artificial horizon" eingegangene Koproduktion Sorry. Hinter dem noch nicht geläufigen Gruppennamen stehen Milli Bitterli und Mike Casey. Sie kennt man als prägnante Interpretin der freien Wiener Tanzszene und durch ihre Auftritte mit Meg Stuart oder der englischen Formation DV 8 Physical Theatre. Bei "DV 8" hat sie den englischen Musiker Mike Casey kennen gelernt, der am Konzept mitgearbeitet hat und für den Soundtrack zeichnet, eine Collage von Melodien, Geräuschen und U-Bahn-Ansagen. 60 Minuten Spieldauer hindurch begleiten die Töne Episoden, die keinem konkreten Handlungsstrang folgen. Körpergedächtnis Milli Bitterli, Réka Szabó und Regula Zihlmann zeigen gemeinsam oder versetzt Bewegungsstudien, die auf der Auseinandersetzung mit dem Thema Körpergedächtnis basieren. Bewusst sollten gewohnte, automatisch funktionierende Bewegungsmuster vermieden werden. Ganz offensichtlich verliert man aber eine individuelle Bewegungssprache, wie sie Bitterli eigen ist, auch durch monatelanges Improvisieren nicht. Mehr noch überträgt sie ihren kraftvollen, erdigen Stil, die Kunst, den Körper zu fragmentieren und Einzelteile wirken zu lassen, auf ihre Mitstreiterinnen. Die physische Präsenz fesselt. Nur im letzten Drittel machen sich dramaturgische Schwächen bemerkbar, beginnt das Stück auseinander zu flattern. Da trällert Réka Szabó im Foyer ein ungarisches Volkslied, Bitterli nimmt ein Bad im Schein einer matten Glühbirne - optische Spielereien. Und schließlich wird in mehreren Sprachen um Entschuldigung gebeten. Da fehlt es noch an Performance-Erfahrung. Zum Programm Die Eröffnung am Dienstag bestritt das von Milli Bitterli und Mike Casey neu formierte Ensemble "artificial horizon" mit der Weltpremiere Sorry (Wiederholung 4. 10.), einem Kammerspiel der Bewegung wie der visuellen Stimulation. Drei preisgekrönte Soloworks (6. 10.) präsentiert der Shootingstar der deutschen Tanzszene, Tom Plischke. Bei Short Cuts 18 (9. und 10. 10.) stellen sich das holländische Duo Simone Rowe und Andrea Mitschke sowie der Linzer Tom Hanslmaier vor, und die heimischen Trendsetter Pilottanzt warten mit Kostproben ihrer jüngsten Produktion auf. Zeitgenössisches Tanztheater zum Werk von Thomas Bernhard bringt die Linzer Kompanie "cy.ancal" (12. 10.) unter der künstlerischen Leitung von Andrea Müller. Der russische Performer Oleg Soulimenko lädt sich für den Improvisationsabend Strange Connection (14. 10.) Wiener Gäste aus unterschiedlichen Bereichen der darstellenden Kunst ein. Neue Arbeiten zum Thema Tanz und Musik bieten Anita Kaya & Maja Slattery mit Modul 1+1 und Heide Kinzelhofer & Almut Kraker mit Heaven is a Motel am 17. und 18. Oktober. Und zum Finale trifft bei Rose Breuss' und Christoph Bochdanskys Als Ob skurriles Figurenspiel auf neuen Tanz. "imagetanz 2000": dietheater Künstlerhaus, 1., Karlsplatz 5, Zugang nur über Bösendorferstraße möglich, 587 05 04. Bis 21. Oktober, jeweils 20.00 (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3. + 5. 10. 2000)