Das kommt davon, wenn man keinen Spitzel bei der Polizei hat. Und keine besonderen Beziehungen zur FPÖ. Sonst wäre uns diese Transsubstantiation eines Bildhauers in einen Ortstafelstürmer niemals so leicht von der Hand gegangen und unter dem Titel Alfred Hrdlickas Wiederkehr in die Wochenendausgabe des STANDARD gerutscht. Man will ja auch eine Geschichte nicht totrecherchieren. Womit man in Journalistenkreisen meint: knusprige Fakten so lange auf ihre Richtigkeit abzuklopfen, bis sich herausstellt, dass sie selbst bei extremer Überspannung keinen Knüller mehr abwerfen.

Wär' doch ewig schad drum, das politische Bekenntnis eines Hrdlicka - Ich habe gemeinsam mit einigen Freunden in Krumpendorf die Ortsschilder abmontiert und vorerst in meinen Besitz gebracht - der Vergessenheit anheim fallen zu lassen. Hrdlicka hat schließlich schon ganz andere Sachen gemacht!

Ja, hätte die Person, die für Hrdlicka schrieb, angekündigt, sie werde auf dem Holzpferd nach Krumpendorf reiten und die Tafeln dieses Ortes unter dessen Hufen zerschmettern - ein Hauch von Misstrauen hätte sich vermutlich bei uns eingeschlichen, und wir hätten zu einer milden Nachfrage angesetzt. Es hätte schon genügt, bei der APA anzurufen. Aber wer weiß, die Kollegen dort hätten womöglich die Geschichte hinausposaunt, statt sich unkollegialerweise an die Quellen zu begeben - und sie in den Kübel zu werfen.

Wo Zweifel an der Echtheit des Schreibens sonst noch hätten aufkommen können, wurden sie vom Verfasser mit teuflischer Geschicklichkeit neutralisiert. Gestattet die physische Befindlichkeit des Meisters nach längerer Zurückhaltung überhaupt eine solche Aktion? Es gäbe für sein Schweigen mehrere Gründe: Persönliche und darin eingeschlossen, gesundheitliche, die mich zur Zurückhaltung zwangen, ward uns eingeträufelt. Aber auch Sprach-und Hilflosigkeit dem politischen Alltag der letzten Monate gegenüber. Wie gut wir das kennen! Doch Rückzug und Schweigen kann für Menschen mit politischem Bewusstsein keine dauerhafte Lösung sein. Schließlich machen wir täglich eine Zeitung. Wir schweigen nicht!

Daher folgte im STANDARD vom Montag der Versuch einer Berichtigung. Gegen die war allerdings der gefälschte Hrdlicka-Brief ein Born der Wahrheit. Hieß es doch in dieser Klarstellung: 1. Das auf dieser Seite in der Wochenendausgabe von Alfred Hrdlicka angekündigte Projekt "Österreich darf nicht Krumpendorf werden", wird nicht stattfinden. 2. Die Demontage der Ortstafeln von Krumpendorf (um die solcherart gemachte Beute aktionistischen Zwecken zuzuführen) hat nicht stattgefunden. Anders gesagt: Das Schreiben des Künstlers entpuppte sich als Grubenhund.

Dazu eine Klarstellung. Ad 1.: Alfred Hrdlicka hat an diesem Wochenende eben kein Projekt "Österreich darf nicht Krumpendorf werden" angekündigt, er ließ im Gegenteil das erschütternde Dementi verlauten: "Ich weiß nicht einmal, wo Krumpendorf liegt." Ob der anonyme Verfasser das Projekt stattfinden lässt oder ob auch er nicht weiß, wo Krumpendorf liegt, könnte erst nach gründlicher Recherche mit einiger Sicherheit gesagt werden. Hier heißt es hoffen. Ad 2.: Die Demontage zweier Ortstafeln von Krumpendorf hat sehr wohl stattgefunden, und zwar schon in der Nacht auf Mittwoch, was dem Schreiben des Pseudo-Hrdlicka eben jenes Quäntchen Glaubwürdigkeit gegeben hat, auf das wir auch dann hereingefallen wären, wenn wir davon gewusst hätten. Oder umgekehrt, wie Sie wollen. Anders gesagt: Das Schreiben des Künstlers hätte sich auch dann nicht als Grubenhund entpuppt, wenn er es verfasst hätte, weil das Wesen des Grubenhundes der unsinnige Inhalt ist, wobei der Name des Autors keine Rolle spielt, während im vorliegenden Fall der Hund im Namen des Autors begraben liegt, während der Inhalt seines Schreibens von tiefem Sinn erfüllt ist.

Sonst wären wir doch niemals darauf hereingefallen. Wir nicht!
Günter Traxler