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Privat-TV-Betreiber legen EU-Beschwerde gegen den ORF ein
EU-Wettbewerbshüter sollen "marktverzerrende Stellung" des ORF prüfen
Die heimischen Kabelfernsehstationen wollen die
EU-Kommission anrufen, da der ORF nach Ansicht des Dachverbands
"Oesterreichische Privat TV Initiative" (OPTI) "seine
marktbeherrschende Stellung missbraucht". Dies erklärte Tillmann
Fuchs, Geschäftsführer des Privat-TV-Senders ATV und Vizepräsident
der OPTI. Die EU-Wettbewerbshüter in Brüssel
hätten bereits Interesse signalisiert, so Fuchs.
Die Beobachtung des heimischen Privat-TV-Marktes hätte "gezeigt,
dass die österreichische Gesetzgebung und Praxis nicht ausreichen, um
neuen Unternehmen faire Möglichkeiten zu geben", meint man bei der
OPTI. Durch das Monopol auf die Ausstrahlung via Antenne und die
Gebührenfinanzierung komme dem ORF eine "marktbeherrschende Stellung"
zu, mit der der öffentlich-rechtliche Sender "besonders sorgsam
umgehen sollte", so Fuchs. Dies sei aber nicht der Fall.
Man werde die EU-Wettbewerbsbehörde mit "Indizien, die diese
Behauptungen untermauern, vorsorgen". Als Beispiel nannte Fuchs
"Knebelverträge wie im Fall des Teletest". Hier sei man zwar zu einer
grundsätzlichen Einigung gelangt, die Reichweiten-Erhebungen würden
aber weiterhin über den ORF laufen. "Die Privaten sind da keine
gleichberechtigten Partner", monierte Fuchs. So sei es etwa ATV
verboten, seine Quoten mit jenen des ORF zu vergleichen.
Eine weitere "marktverzerrende" Strategie des ORF sei die
"Cross-Promotion" des ORF, der in seinen Radios für seine
TV-Programme werben könnte. In diesem Zusammenhang üben die Privaten
auch Kritik am Wetter- und Sportkanal TW1, der zwar als "privater
Kanal" ausgewiesen werde, aber dennoch im Regelprogramm des ORF
beworben werde.
"Wenn man das alles nicht ändert, wird der Wettbewerb verhindert",
so Fuchs. In der EU stelle aber der faire Wettbewerb "ein hohes Gut"
dar. Die OPTI rechne daher sich gute Chancen in Brüssel aus: "Die
Kommission urteilt nach im Markt praktizierten Kriterien und nicht
nur nach rechtlichen Grundlagen", so Fuchs. Er betonte, dass die
Privat-TV-Betreiber "den Stellenwert des öffentlich-rechtlichen
Rundfunks in Österreich anerkennen".
Aufwind erhoffen sich die Privaten auch vom kürzlich gefällten
Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR):
Dieser hatte festgestellt, dass das ORF-Monopol auf Ausstrahlung und
Empfang mit Antenne im Raum Wien nicht der Menschenrechtskonvention
widerspreche, da dort bereits mehr als 50 Prozent der Haushalte
Kabel-TV empfangen könnten. Österreichweit betrage der
Versorgungsgrad rund 30 Prozent, gab Fuchs zu bedenken. Mit dieser
Erkenntnis habe der EGMR festgestellt, dass die österreichweite
Situation menschenrechtswidrig sei. (APA)