Etat
Grüne legen Entwurf für ORF-Gesetz vor
Jurnalistische Unabhängigkeit und die wirtschaftliche Sicherung des ORF sollen gesichert werden
Ein dritter, digitaler und "offener" TV-Kanal, ein Kuratorium mit Aufgaben "im Sinne des AG-Gesetzes", die
alleinige Gebührenhoheit für den ORF sowie eine Aufwertung der Hörer- und Sehervertretung: Dies sind einige Punkte
eines Entwurfs für ein neues ORF-Gesetz, den die Grünen am Dienstag vor Journalisten präsentiert haben. Im Mittelpunkt
stünden die Stärkung der journalistischen Unabhängigkeit, die wirtschaftliche Sicherung des ORF sowie seine
"Selbstorganisation", so Stefan Schennach, grüner Bundessprecher und neues Mitglied im ORF-Kuratorium.
Man habe "als Erste das Schweigen um Entwürfe zum ORF-Gesetz gebrochen", meinte Schennach. Die Regierung plant,
am 5. Dezember ein neues ORF-Gesetz im Ministerrat zu beschließen. Und will Mitte Oktober einen Ministerialentwurf
vorlegen. Der ORF habe den grünen Entwurf bereits begutachtet und ist laut Schennach "im Wesentlichen sehr positiv"
eingestellt.
Offener Kanal
Konkret wünschen sich die Grünen ein drittes digitales TV-Programm des ORF, das in einem bestimmten zeitlichen
Ausmaß als "offener Kanal" zu führen ist. Hier seien Verlegerfenster denkbar, aber auch die Einbeziehung anderer
Medieninitiativen, so Schennach. Darüber hinaus soll dieser dritte Kanal "insbesondere für Regionalsendungen der
Länderstudios vorbehalten" sein. "Wir sind gegen die Filetierung von ORF 2", hielt Schennach fest. Weiters ist im grünen
Papier die Streichung der Belangsendungen vorgesehen, die "nur im Jahr einer Nationalratswahl oder auf Landesebene
bei Landtagswahlen" Sendeplatz bekommen sollen. Die Verbreitung der ORF-Programme via Satellit ist ebenfalls
verankert.
Gebührenhoheit soll bleiben
Die Gebührenhoheit des ORF müsse erhalten bleiben, meinen die Grünen - auch in Hinblick auf die geplante
Medienbehörde (KommAustria). Diese solle keinesfalls die Höhe der ORF-Gebühren festsetzen können, betonte
Schennach. "Absurd" seien dagegen die "Postgebühren", also jene Beträge, die - im Gegensatz zu den
Programmentgelten - für die Empfangsgeräte eingehoben werden und "von denen der ORF keinen Schilling sieht". Diese
Rundfunkgebühren machen insgesamt 252 Schilling pro Jahr aus und "sind zu streichen".
Umfassende Änderungen wünschen sich die Grünen für die ORF-Gremien
Das ORF-Kuratorium soll nur mehr 20
Mitglieder stark sein (derzeit 35) und "eine klare Verantwortung im Sinne des AG-Gesetzes" bekommen. Dazu gehörten
auch Unvereinbarkeitsregelungen. "Landeshauptleute oder Richter haben unserer Meinung nach nichts im Kuratorium zu
suchen", so Schennach. Im Richterdienstgesetz sei schon jetzt festgelegt, dass Richter nicht Mitglieder von Aufsichtsräten
sein dürften. Im Falle der derzeitigen Besetzung - die Kuratoriumstätigkeit des Medienrichters Ernest Maurer ist umstritten -
strebten die Grünen eine "Klarstellung im Parlament" an. Die Hörer- und Sehervertretung (HSV) des ORF soll nach dem
grünen Konzept als "Publikumsrat" nach einem neuen Bestellmodus besetzt werden und für die Erstellung der
Programmrichtlinien verantwortlich sein.
Die Wahl des ORF-Generalintendanten soll nach dem Vorschlag der Grünen mit einfacher Mehrheit, seine Abberufung mit
Zweidrittelmehrheit möglich sein. Für die Anzahl der Mitglieder der Geschäftsleitung (Intendanten und Direktoren) sieht der
Entwurf "im Sinne der Selbstorganisation keine starre Regelung" vor. (APA)