Geschlechterpolitik
Zierler lässt Türe zur SPÖ offen
Die steirische FPÖ-Spitzenkandidatin im Standard-Interview
Für die Interviews mit den Spitzenkandidaten baten wir diesmal "Nicht-Journalisten", uns zu den Gesprächen zu begleiten. Die Fragen des standard stellten Redakteur Walter Müller und der gebürtige Ägypter Eli Basile Moussalli. Der Jurist ist heute Österreicher und betreibt ein Taxiunternehmen in Graz. DER STANDARD:
Die FPÖ liegt seit längerem stabil nicht besonders gut. Sie kommt auch in der Steiermark nicht recht weg vom Fleck. Woran liegt's?
Zierler:
Da widerspreche ich energisch. Wir sind in den Umfragezahlen im Mai in der Steiermark noch bei 15 Prozent gelegen, und jetzt sind wir über dem Landtagswahlergebnis von 17 Prozent. Natürlich: Es hat sich viel verändert.
Aus einer Oppositionspartei ist eine Regierungspartei geworden. Michael Schmid ging als Minister nach Wien. Die ÖVP hat den Kanzlerbonus. Die Landtagswahlen liegen daher vom Zeitpunkt her natürlich nicht sehr glücklich.
DER STANDARD:
Sie machen sich für "die starke Heimat" stark. Darf es auch die Heimat von Ausländern sein?
Zierler:
Es soll die Heimat von Ausländern sein. Aber worauf sie hinaus wollen: Ich mache keinen Ausländerwahlkampf, da unterscheide ich mich klar von der Wiener Linie. Im Wahlkampf kann man Probleme wie die Gettobildung sicher nicht lösen.
DER STANDARD:
Es gab letzte Woche eine Demonstration von ausländischen Taxilenkern, die darauf aufmerksam machen wollten, dass sie in Graz zunehmend mit rassistisch motivierten Attacken von Fahrgästen konfrontiert sind.
Zierler:
Die Ursache liegt ganz sicher nicht bei unserer Partei. Ich hab auch nicht das Gefühl, dass die Ausländerfeindlichkeit zunimmt.
DER STANDARD:
Die Position der FPÖ ist: kein Neuzuzug, stattdessen Integration. Was heißt für Sie Integration? Inwieweit darf Ihrer Meinung nach kulturelle Identität beibehalten bleiben?
Zierler:
Die kulturelle Identität muss beibehalten bleiben. Das ist meine Position. Es hat jetzt keinen Sinn, jene der Wiener FPÖ zu erläutern. Ich bin da anderer Meinung. Man soll natürlich anbieten, unsere Sprache zu lernen, das darf aber kein Muss sein. Wenn ich mir vorstelle, dass meine Mutter eine andere Sprache lernen müsste und nur dann im Land bleiben dürfte, ist das undenkbar. Man kann doch nicht eine alte Frau zwingen, eine Sprache zu lernen. Oder auch nicht jemanden, der ums Überleben kämpft und eine Familie erhalten muss. Der wird auch keine Zeit haben, eine Sprache zu lernen. Man muss da bei den Kindern ansetzen. Es darf aber keinen Zwang geben. Ich weiß, dass ich da gegen die Wiener Parteilinie verstoße, aber das ist meine Meinung.
DER STANDARD:
Sind Sie dafür, dass Ausländer in Gemeindewohnungen ziehen dürfen?
Zierler:
Die Frage ist natürlich, dass wir da in der Bevölkerung die Gemüter hochschaukeln, wenn wir bedürftige Steirer haben und diese die Wohnungen dann nicht bekommen. Wenn Wohnungen aber nicht gebraucht werden und leer stehen, habe ich kein Problem damit.
DER STANDARD:
Sie waren eine beliebte TV-Moderatorin. Warum sind Sie eigentlich in die FPÖ eingetreten?
Zierler:
Warum...? FPÖ? Die FPÖ steht für mich für eine Reformpartei, die es anders macht, die wegkommt von den Privilegien und der Proporzwirtschaft. Ich habe beim ORF viel von diesem Machtsystem mitbekommen. Wenn ich aber glauben würde, dass die FPÖ ausländerfeindlich wäre, wäre ich nicht bei der FPÖ.
DER STANDARD:
Der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider hat eine Wiederwahl Waltraud Klasnics zur Landeshauptfrau als bereits fix angekündigt. Ist die Sache gelaufen, oder wäre auch die SPÖ eine Option? Es hat ja immerhin kürzlich ein Treffen zwischen SPÖ- und FPÖ-Vertretern in einem Winzerhaus gegeben.
Zierler:
So ganz klar ist das alles noch nicht. Da gibt es zwei Denkmöglichkeiten. Die eine wäre, das Spektrum für die FPÖ aufzumachen, die andere, die Bundeslinie auch auf die Landeslinie zu übertragen. Für mich stellt sich die Frage aber noch nicht. Wichtig ist für mich, dass wir ein Reformprogramm machen. Da kommt es darauf an, wer fähig ist, sich zu wandeln. Ob SPÖ oder ÖVP. Wer ist bereit, sich von der Politik der letzten Jahre zu verabschieden?
Man darf aber nicht vergessen, dass SPÖ-Chef Schachner vor wenigen Tagen erklärt hat: mit der FPÖ niemals. Stellt sich natürlich die Frage, was kommt nach Schachner? Wenn die SPÖ unter einer anderen Führung "Reformwillen" zeigt, wäre nichts auszuschließen.
DER STANDARD:
Ist die Causa Bleckmann, der Streit um die scheidende Landesrätin, bereinigt?
Zierler:
Da war nichts zu bereinigen. Bleckmann hat mich zur Spitzenkandiatin gewählt. Wenn wir einen zweiten Landesrat haben, wird eine Anwärterin sicher die Magda sein.
DER STANDARD:
Der Bau des Grazer Kunsthauses ist der wichtigste integrale Bestandteil des Projektes Kulturhauptstadt 2003. Warum legt sich die FPÖ so quer?
Zierler:
Für die Planung sind bereits 40 Millionen rausgeschmissen worden, ob es jemals gebaut wird, steht in den Sternen. In dieser Form wie das jetzt angegangen wird, ist in Wirklichkeit der Zug abgefahren.
Ich weiß, da bin ich mit der Grazer FPÖ nicht ganz einer Meinung. Da gibt es Stimmen, die dafür sind, aber ich glaube, es gibt wichtigere Maßnahmen in der Steiermark als das Kunstaus.
Außerdem gibt es auch eine klare Aussage von Finanzminister Karl-Heinz Grasser, dass die Finanzierung nicht steht. Vom Finanzminister wird es kein Geld geben für das Kunsthaus in Graz. Und ohne Bundesmittel gibt es kein Kunsthaus.
(DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 5.10.2000)