Mensch
Wiener Forscher entwickeln Gensequenzierung im Eilzugstempo
DHPLC lässt die Bemühungen des Star-Genomforschers Craig Venter hinter sich - und ist billiger noch dazu
Philadelphia/Wien - Gensequenzierung schneller, als es der weltbekannte
US-Genomforscher Craig Venter es kann, und billiger noch dazu - das versprechen Univ.-Prof. Dr. Teresa Wagner, Leiterin der Forschungsgruppe für erblichen Brust-
und Eierstockkrebs an der Abteilung für Spezielle Gynäkologe am Wiener AKH, und andere aus Österreich stammende
Wissenschafter. Sie haben den Nachweis erbracht, dass ihre Gen-Enschlüsselungsmethode DHPLC 100 Mal schneller,
wesentlich billiger, aber ebenso genau wie die herkömmlichen Verfahren ist.
Das geht aus einer Studie hervor, welche die Wissenschafterin am Mittwoch beim "Human Genetics Meeting", dem
Jahreskongress der amerikanischen Humangenetiker-Gesellschaft, in Philadelphia (USA) präsentierte. An diesem
international wichtigsten Humangenetik-Kongress nehmen rund 5.000 Fachleute teil.
DHPLC
"Wir sind erstmals 1995 mit dem DHPLC-Verfahren (Denaturing high-performance liquid chromatography, Anm.) in Kontakt
gekommen. Wir waren damals verzweifelt, weil wir wussten, dass wir uns die Methode des direkten Sequenzierens nicht
leisten konnten, alle anderen Verfahren aber nicht unseren Standards der Sicherheit und Genauigkeit entsprachen", erklärte
die Wissenschafterin.
DHPLC war damals von den Tiroler Forschern Dr. Peter Oefner (jetzt Vizedirektor am Stanford Genome Technology
Center) und Dr. Christian Huber unter der Federführung von Univ.Prof.Dr. Günther Bonn, dem Leiter des Institutes für
Analytische Chemie in Innsbruck, entwickelt worden. Der Clou war eine von ihnen entwickelte Säule aus
Polystyren-Kügelchen, über welche die analysierten Genabschnitte geleitet werden. Das Verfahren wurde gemeinsam von
Bonn, Oefner, Huber und dem US-Unternehmen Transgenomic patentiert.
Prof. Wagner und ihr Team verwendeten das neue Verfahren von Anbeginn an zur Analyse des Erbguts von Patientinnen,
bei denen auf eine vererbliche Form von Brustkrebs untersucht werden sollte: die Brustkrebsgene BRCA1 und BRCA2. Die
Expertin: "Es war aber bisher unklar, ob die von uns verwendete Methode genau so exakt wie die herkömmlichen
Sequenzierverfahren ist."
Blindversuch
In einem Blindversuch bei 65 Frauen mit Verdacht auf Mutationen im BRCA1-Gen konnten die Spezialisten jedenfalls jede
einzelne Gen-Veränderung aufspüren bzw. alle Risikopatientinnen identifizieren. Prof. Wagner: "Der Vorteil liegt aber darin,
dass man wegen der Größe des BRCA1-Gens normalerweise drei Tage mit je acht Arbeitsstunden zum Sequenzieren
benötigt. Mit dem DHPLC-Verfahren gelingt das binnen 13 Minuten und kostet nur ein Siebentel." Auch die Gerätekosten
sind mit 95.000 US-Dollar (1,49 Mill. S) im Vergleich zu den Apparaten, die beispielsweise Celera-Wissenschafter Craig
Venter verwendet (700.000 US-Dollar, 10,99 Mill. S) wesentlich günstiger.
Die DHPLC-Sequenziermethode basiert auf der Messung des Schmelzverhaltens von DNA-Stücken bei Erhitzung. Dabei
werden so genannte mis-matches sichtbar, weil Basenpaare, die auf Grund von Mutationen nicht zusammen gehören, eine
schwächere Bindung aufweisen. Bei dem herkömmlichen Gen-Sequenzierverfahren wird hingegen das Genmaterial mit
fluoreszierenden Farbstoffen eingefärbt und dann mit Hilfe von Gel-Elektrophorese aufgetrennt. Es entsteht ein Diagramm
von färbigen Kurven. Ein großer Vorteil des Verfahrens liegt in seiner Einfachheit, die auch eine
optimale Reproduzierbarkeit ermöglicht. (APA/red)