Wien - Der Leitindex der Wiener Börse wird neu definiert und umgeschichtet. Der ATX-neu sieht etwas anders aus als von vielen erwartet", erklärten die Vorstände der Wiener Börse Stefan Zapotocky und Erich Obersteiner. Denn in Zukunft wird nicht mehr wie bisher die Größe des Unternehmens, sondern die Größe des Streubesitzes von entscheidender Bedeutung für die Gewichtung im ATX sein, aber auch - und das ist wirklich neu - der so genannte Repräsentationsfaktor (RF).


20-Prozent-Limit

Dieser Repräsentationsfaktor begrenzt die maximale Gewichtung einer Aktie im Index mit 20 Prozent. Das heißt, dass keine Aktie - unabhängig von der Größe des Streubesitzes - mit mehr als 20 Prozent im Index gewichtet sein darf. Diese Regelung soll noch im Dezember, nach dem Verfallstag, in Kraft treten.

Grund für die Einführung dieses Regulatives: Es soll Abhängigkeiten von einzelnen Aktien entgegengewirkt werden, wie dies zum Beispiel derzeit bei der Bank Austria der Fall ist oder nach dem Börsegang der Telekom Austria eintreten würde. Die Bank Austria beherrscht nach der derzeit gültigen Gewichtungs-regelung nach Unternehmensgröße mit fast 25 Prozent die Kursbewegungen des Index maßgeblich. Dies verhindere einerseits ein genaues Abbild des Marktgeschehens und mache den Fondsmanagern das Leben schwer, da das Investmentfondsgesetz eine zu starke Gewichtung einzelner Aktien im Fonds verbiete, so Obersteiner.


Leichtere Bank Austria

Ohne Repräsentationsfaktor würde die Bank Austria im ATX-neu aufgrund ihres großen Streubesitzes mit mehr als 35 Prozent gewichtet sein - "dank" Repräsentationsfaktor wird die Bank-Austria-Aktie aber nur mit 19,9 Prozent im ATX-neu enthalten sein. Dementsprechend höher fällt dann die Gewichtung der anderen ATX-Werte aus. Zu den großen Gewinnern der Umstrukturierung gehören die Erste Bank, die um drei Prozentpunkte schwerer wird, aber auch RHI und Austria Tabak werden leicht zunehmen. Verlierer sind neben der Bank Austria vor allem die OMV, Semperit, EVN und Verbund. Die Festsetzung der Repräsentationsfaktoren wird aufgrund der Durchschnittskurse der letzten fünf Tage berechnet und quartalsweise überprüft und angepasst werden. Die Regelung, dass der Streubesitz maßgeblich für die Gewichtung im ATX ist, wird im ersten Quartal 2001 eingeführt werden, wobei strategische Beteiligungen (mehr als fünf Prozent) nicht mehr berücksichtigt werden. Zum Streubesitz zählen dann nur mehr tatsächlich frei verfügbare, handelbare Aktien - das wirke sich positiv auf die Liquidität aus, so Obersteiner. Bei Streitfällen, ob es sich um eine strategische Beteiligung oder Streubesitz handelt, soll das ATX-Komitee entscheiden. (ask, DER STANDARD, Printausgabe, 5.10.2000)