Das Wiener Museum für angewandte Kunst sieht sich nicht mehr in der Lage, der gesetzlichen Verpflichtung zum Ausbau seiner Sammlung nachzukommen. Direktor Peter Noever fährt ein eingeschränktes Ausstellungsprogramm. Lóránd Hegyi wiederum, der Direktor des Museums moderner Kunst, der gerade den Umzug seines Hauses ins Museumsquartier vorbereitet, hat seinen Vertrag bloß für ein Jahr ab Eröffnung (September 2001) verlängert. Beider Grund: Sie hadern mit der Entlassung ihrer Häuser in die finanzielle Eigenständigkeit. Oder besser: mit den Bedingungen dieser Ausgliederung. Marktwirtschaftliches Denken verlangt der Staat ihnen künftig ab und mehr Kreativität bei der Suche nach Sponsoren aus der Privatwirtschaft. Dass dabei die Kreativität ihrer Ausstellungsprogramme leidet, scheint wenige zu stören. Sponsoren hegen eben den berechtigten Wunsch, das Image ihres Unternehmens mit großen Namen, in deren Fahrwasser sie möglichst oft genannt werden, aufzupolieren. Und dazu ist Picasso eben zweckdienlicher als Kendell Geers. Schließlich wollen auch weitaus mehr Leute Picasso sehen. Der Rest ist Wert(ab)schöpfung. Die Folge ist eine uniforme Kultur. Kunst auf ihre ökonomische Verwertbarkeit und damit auf ein enges Spektrum publikumswirksamer Sensationen zu reduzieren, bedeutet die Demontage des Museums als meinungs- und letztlich wertebildende Institution. Und Gewinne lassen sich nicht mit einem riesigen Apparat pragmatisierter Beamter realisieren. Es ist nichts dagegen einzuwenden, in den Museen nach Rationalisierungsmöglichkeiten zu suchen. Aber eben für jede Institution maßgeschneidert. Es gibt ja auch nicht einen verbindlichen Businessplan, der für jedes beliebige Geschäft gleichermaßen gilt. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5. 10. 2000)