Stockholm - Wilde Eifersucht von Alfred Nobel auf einen als Liebhaber erfolgreichen Mathematiker ist ein Erklärungsversuch dafür, dass es keinen Nobelpreis für Mathematik gibt. Tatsächlich gehen die tüchtigsten Köpfe dieser Grundlagen-Wissenschaft erneut leer aus, wenn kommende Woche in Stockholm die Träger der diesjährigen Nobelpreise für Medizin, Physik, Chemie, Wirtschaftswissenschaft und Literatur bekannt gegeben werden. Eine Änderung ist nach Aussage der Stockholmer Nobelstiftung nicht in Sicht: "Neue Sparten wird es nicht geben", erklärte Sprecherin Kristina Fallenius. Das Testament des Preisstifters und schwedischen Chemikers Alfred Nobel (1833-1896) gelte unverändert. Nobels Frau hatte einen Mathematiker als Liebhaber In allerlei Schriften über die Geschichte des berühmtesten Preises der Welt ist nachzulesen, dass Nobel die Mathematiker bei der Preisstiftung im Testament vom 27. November 1895 bewusst ausließ, weil seine Frau einen Mathematiker namens Gösta Mittag-Leffler als Liebhaber hatte. Tatsächlich gab es einen damals bekannten schwedischen Professor dieses Namens. Eine Frau Nobel allerdings findet sich bei näherem Hinsehen nirgends in den Annalen. Beim Erfinder des Dynamit zündete es nicht so recht, wenn er sich Frauen zu nähern versuchte, und so blieb Nobel stets ein nach eigener Aussage unglücklicher Junggeselle. Nobel-Biografien konstatieren nur eine nicht erwiderte Verliebtheit zu seiner zeitweiligen österreichischen Privatsekretärin Gräfin Bertha Kinsky. Aus der Gräfin wurde per Heirat Baronin von Suttner, die 1905 als einer der Ersten mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde. Der französische Mathematiker Vincent Blondel hat eine simplere Erklärung dafür gefunden, dass er in seinem Fach weder Nobel-Ruhm noch die in diesem Jahr mit neun Millionen Kronen (1,050 Mill. Euro/14,4 Mill. S) nicht unbeträchtliche Dotierung ernten kann: "Alfred Nobel hat sich nicht für Mathematik interessiert. Deshalb kam ihm einfach nicht der Gedanke an einen Preis für diese Wissenschaft." Da dürften die Mediziner seit der Jahrhundertwende froh sein, dass der selber rastlos forschende Nobel sich neben seinem Interesse für Chemie und Physik auch auf die ärztliche Wissenschaft stürzte, weil ihr er als stark kränkelnder Mann ständig ausgesetzt war. Und weil Nobel Dichtung gerne mochte, stiftete er einen Literaturpreis, über den sich im letzten Jahr der 72-jährige Günter Grass freuen konnte. Bei den Testamentsverwaltern von der Nobelstiftung in Stockholm bestreitet heute niemand, dass die Auswahl der Sparten für den prestigeträchtigsten Preis durch die persönlichen Vorlieben des Stifters willkürlich war. "Aber heute überlappen sich die Wissenschaften ja, und da passt unsere Einteilung eigentlich ganz gut", meint Fallenius. Als eindeutig abschreckendes Beispiel für die Bereitschaft zu Veränderungen gilt heute in Stockholm der 1968 von der Reichsbank gestiftete "Preis für Wirtschaftswissenschaften zum Andenken an Alfred Nobel". Die internationale Kritik an der politischen Färbung und mangelnden wissenschaftlichen Fundierung dieses Preises ist so laut geworden, dass selbst die Schwedische Akademie hochoffiziell die Abschaffung des Wirtschaftspreises verlangt. Keine neuen Nobelpreissparten Aus der Stiftung heißt es, das Testament gelte unverändert weiter, und es werde in keinem Fall neue Nobelpreissparten geben. Immer wieder wird auch betont, dass der Wirtschaftspreis protokollarisch ja nur ein "Ehrenpreis" sei. Die Abneigung gegen neue Sparten bekam auch Stikkan Anderson, Ex-Manager des schwedischen Popgruppe Abba zu spüren. Seine Anläufe in den achtziger Jahren, mit einer eigenen Millionenstiftung an die Königliche Musikakademie einen Nobelpreis für Musik zu realisieren, hatte nie eine Chance. Der 1997 gestorbene Anderson musste sich mit dem "Polarpreis" begnügen, den sich im vergangenen Jahr die US-Musiker Bob Dylan und Isaac Stern teilten. In der Mathematik gibt es mit der Fieldmedaille seit 1932 auch einen "heimlichen Nobelpreis". Sie wird alle vier Jahre vergeben und geht ausschließlich an Wissenschafter unter 40 Jahren. (APA/dpa)