Wien/München - Aufregung - und Ablehnung - hat am Donnerstag die Meldung hervorgerufen, wonach zwei Firmen aus Australien und den USA ein Patent für das Klonen und die Genmanipulation von Embryonen beantragt haben, und das einschließlich menschlicher Embryonen sowie für Mischwesen aus Mensch und Schwein. Mit einer Klarstellung hat am Freitag das Europäische Patentamt reagiert: Der Antrag wird als "ethisch nicht vertretbar" abgelehnt. Man sei bei Recherchen im Europäischen Patentamt in München auf diesen erschreckenden Fall der Patentierung von Lebewesen gestoßen, hieß es am Donnerstag in einer Aussendung der Österreich-Sektion von Greenpeace . Das aktuelle Patentrecht weise Schlupflöcher auf, weshalb es sehr wahrscheinlich sei, dass den Antragstellern das Patent tatsächlich zuerkannt werde, hatte der Gentechnik-Experte von Greenpeace Österreich, Thomas Fertl, festgestellt: "Dieser Skandal ist im wahrsten Sinn des Wortes eine Sauerei." Der Patentantrag "WO 99/21415" wurde den Angaben zufolge von den Firmen "Stem Cell Sciences" (SCS) aus Australien und "Biotransplant" aus den USA eingereicht. Zitiert Im Text heißt es laut Greenpeace wörtlich: "Der Embryo kann unterschiedlicher Herkunft sein: von Vögeln, Fischen, Reptilien und von Säugetieren, inklusive des Menschen." Der aktuelle Antrag erstrecke sich auch auf Embryonen, die "Chimären" - der in der Biologie gebräuchliche Fachausdruck für Organismen oder einzelne Triebe, die aus genetisch verschiedenen Zellen aufgebaut sind - aus Mensch und Schwein sind. Aus dem Antrag gehe hervor, dass die Firmen bereits Zellkerne von menschlichen Föten auf Eizellen von Schweinen übertragen haben, die etwa eine Woche lang überlebten. "Diese Embryonen sind in der EU-Patentrichtlinie nicht als schützenswerte menschliche Lebewesen, sondern als patentierbares biologisches Material definiert", empörte sich Fertl. "Die österreichische Bundesregierung muss sich daher mit allen Mitteln für ein Patentrecht einsetzen, das die Patentierung von Lebewesen eindeutig verbietet", forderte der Greenpeace-Gentechniksprecher. Patentamt: Patent unmöglich, Antrag abgelehnt Der Sprecher des Europäischen Patentamtes in München, Rainer Osterwalder, sagte, ein Patent auf ein Mensch-Schwein-Mischwesen sei unmöglich. "In einen Antrag kann man aber alles reinschreiben und zum Patentamt tragen - die Frage ist, was das Patentamt dann entscheidet." Greenpeace bezeichnete die Stellungnahme des Europäischen Patentamtes als "absolut unzufriedenstellend". "Die Antragsteller wollen auch die Patentrechte auf geklonte menschliche Embryonen und die Genmanipulation dieser Lebewesen. Da das Europäische Patentamt dazu nicht Stellung bezogen hat, müssen wir davon ausgehen, dass diese Patente wahrscheinlich erteilt werden", vermutete Fertl am Donnerstag. Am Freitag reagierte eine Sprecherin des Patentamtes darauf: "Wir haben den Antrag als ethisch nicht vertretbar abgelehnt." Vorerst ohne detaillierte Erläuterung teilte sie mit, Greenpeace habe da etwas missverstanden. Politisch breite Ablehnung Das Patent-Vorhaben stieß in Österreich auch politisch auf breite Ablehnung: Sozialministerin Elisabeth Sickl erklärte, dass der Antrag "ethisch zu verurteilen" sei. In ihrem Ressort sind auch die Gentechnik-Agenden beheimatet. Für Patentangelegenheiten sei allerdings das Infrastruktur-Ministerium zuständig, wurde erklärt. Nach Ansicht des Sozialressorts sei eine solche Patentierung aber nicht möglich, weil laut EU-Richtlinie Embryonen nicht patentierbar seien. "Ich bin erschüttert", sagte der Umweltsprecher der Freiheitlichen, Gerhard Fallent, am Donnerstag. Die Freiheitlichen seien dagegen, dass menschliche Embryonen patentierbar seien. "Wir müssen und die Achtung vor dem Menschen bewahren", so Fallent. Es sei daher "unverantwortlich", solch einen Antrag zu stellen. Fallent erklärte, er werde sich dafür einsetzen, dass so etwas in Österreich - also auf nationaler Ebene - nicht möglich werde. Grüne: "Weiterer Tabubruch" Die Umweltsprecherin der Grünen, Eva Glawischnig, sprach von einem "weiteren Tabubruch" und die "Überschreitung einer ethischen Grenze". Das Vorhaben werde von den Grünen strikt abgelehnt, bekräftigte Glawischnig. Die SPÖ-Umweltsprecherin Uli Sima forderte, dass derartigen Anträgen "auf gesetzlicher Ebene ein Riegel vorgeschoben" werde. Jene EU-Patent-Richtlinie, die Derartiges ermögliche, solle revidiert werden. Bei einem US-Experiment sei ein ähnliches Verfahren wie das von Stem Cell Sciences und Biotransplant "cross Spezies" bereits vor mehr als einem Jahr durchgeführt worden, sagte Univ.Prof.Dr. Mathias Müller, der Vorstand des Instituts für Tierzucht an der Wiener Veterinärmedizinischen Universität. Dabei seien Zellkerne von Schweinen und Primaten, nicht aber Menschen, in Oozyten (nicht befruchtete Eizellen, Anm.) von Rindern übertragen worden. Hochkomplizierter Vorgang Grundsätzlich gehe es darum, vom Kernspender die im Nukleus enthaltene genetische Information zu bekommen und in den Kernempfänger einzubauen, der dann quasi für die richtige Re-Programmierung der Informationen sorge. "Diese Re-Programmierung ist ein hochkomplizierter Vorgang und zwischen verschiedenen Spezies noch schwieriger als innerhalb einer Spezies", zeigt sich Müller derzeit skeptisch. Hintergrund alle dieser Experimente ist das "Dolly-Experiment". "Und was mit dem Schaf funktioniert, geht mit dem Menschen auch", so Müller. Allerdings betonte der Experte, dass er persönlich aus ethischer Sicht Forschungen mit menschlichen Embryonen ablehne, "solange diese nicht einer zielsicheren Kontrolle unterliegen". "Teilersätze" Grundsätzlich gehe es beim "therapeutischen Klonen" aber keineswegs darum, ganze Menschen quasi als Duplikate herzustellen, sondern für bestimmte medizinische Probleme "Teilersätze" zu schaffen, etwa für geschädigte Hirnzellen. Das derzeitige Problem: Für die Grundlagenforschung seien menschliche Embryonen nötig. Das jetzt für das Patent angemeldete System "wäre sowieso nicht die große Zukunft, weil adulte (=erwachsene, Anm.) Stammzellen eine viel größere klinische und wissenschaftliche Hoffnung in sich tragen", sagte der Wiener Gynäkologe und Spezialist für künstliche Befruchtung, Univ.Prof. DDr. Johannes Huber. Der Grund dafür liege in der Tatsache, dass man damit Zellen erkrankter Organe im menschlichen Körper selbst regenerieren könne, was "Xenotransplantationen" - also die Verpflanzung von Tierorganen in den Menschen - unnötig mache. Schmid schließt Mischwesen für Österreich aus Nach Angaben von Infrastrukturminister Michael Schmid, der für Patentangelegenheiten zuständig ist, kann es so gut wie ausgeschlossen werden, dass es in Österreich jemals Schweine-Mensch-Mischwesen geben wird. Denn das Klonen von Menschen sei hier zu Lande nicht erlaubt. Und die Erteilung eines Patents heiße noch nicht, dass die "Erfindung" auch umgesetzt werden dürfe, wie ein Sprecher des Ressortchefs betonte. Denn es hänge stets von den jeweiligen nationalen Gesetzen ab, ob Projekte gebaut bzw. betrieben werden können. Abgesehen davon meldete der Minister Zweifel an, dass der Antrag beim Europäischen Patentamt postiv entschieden werde. Denn derartige Patente im Zusammenhang mit Lebewesen werden demnach nur erteilt, wenn es sich um "Non-Human"-Wesen handle, hieß es in der Mitteilung des Ministeriums. Zusatz: "Beantragen kann man aber grundsätzlich alles". Firma weist Vorwürfe zurück Als "actually wrong" hat die amerikanische Firma "Biotransplant" die Vorwürfe von Greenpeace zurückgewiesen. Das Unternehmen hätte nicht die Absicht, ein Mensch-Schwein-Mischwesen zu erschaffen, betonte die Pressesprecherin von Biotransplant, Patricia Dimond am Donnerstag. Peter Mountford, Wissenschafter bei SCS erklärte hingegen, dass sich das Patent prinzipiell auf Methoden der Reinigung bestimmter genetechnischer Zellen von kultivierten Zellen beziehe. Der Patentantrag dürfte jedoch als Absicht, diese Methode zur Herstellung genetisch veränderte Menschen zu verwenden, missverstanden worden sein. SCS verneine jedes Interesse oder Absicht Technologien patentieren zu wollen, die Menschen genetisch verändern würden, betonte Mountford in einer Aussendung. In der Schweizer Zentrale des Pharmakonzern Novartis, die mit der US-Firma Biotransplant kooperiert, hieß es, dass Gene nicht patentierbar seien. Es könnten jedoch therapeutischen Ansätze, die mit Genen verbunden seien, patentiert werden. Ziel der Pharmaindustrie sei es jedoch, Menschenleben zu retten, keine "Chimären" aus Mensch und Schwein zu erschaffen. (APA)