Wien - Trotz einer wahrscheinlich sinkenden Inflationsrate im Jahr 2001 geben die Wirtschaftsforscher keine Preisentwarnung. Bei der Revision der Konjunkturprognose wurde auf die hohe "Kerninflation" hingewiesen, die Preissteigerungen von Gütern und Dienstleistungen ohne Energie und Saisonprodukte wie Nahrungsmittel umfasst. Laut Wifo dürfte die Inflationsrate 2001 von heuer 2,3 auf 1,5 Prozent sinken, vor allem da der Beitrag der Energiepreise zum Preisanstieg wegfallen wird. Die Kerninflationsrate werde aber mit 2,25 Prozent ein Besorgnis erregendes Ausmaß annehmen. Damit würde die Kerninflation von 0,8 Prozent im Jahr 1999 auf 1,8 Prozent heuer und nächstes Jahr um fast einen halben Prozentpunkt weiter steigen. Beim Wifo vermutet man, dass die überraschende Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank (EZB) von Donnerstag unter diesem Gesichtspunkt erfolgt sein könnte, was auf ein "eher pessimistisches Bild" hindeute. "Infaltions-Lücke" Beachtenswert sei auch die Differenz zwischen der deutschen Inflationsrate im heurigen Juli und der österreichischen von 1,7 zu 2,7 Prozent. 0,5 Prozentpunkte könnten durch die zur Jahreshälfte erfolgten Gebühren- und Tariferhöhungen erklärt werden, der Rest bleibe aber erklärungsbedürftig. Unterschiedlicher Auffassung waren Wifo und IHS heute bei den Auswirkungen der Energiepreise. Das IHS geht nämlich von einer deutlich höheren Inflationsrate für 2001 mit 1,9 Prozent aus als das Wifo mit 1,5 Prozent. Die Wifo-Berechnungen beruhen auf der Annahme, dass die Strommarktliberalisierung ab 2001 die Preise um 20 bis 30 Prozent drücken wird. IHS-Chef Bernhard Felderer kann sich aber nicht vorstellen, dass Österreich bei den Energiekosten "erfolgreicher" wäre als andere Länder, wo es längere Zeit Inflationsraten über 3 Prozent gegeben habe. Bei der IHS-Prognose werde die Ölpreisverbilligung keine besondere Rolle spielen, da das IHS bereits vor drei Monaten das Fass Rohöl mit 27 Dollar in den Computer eingegeben habe. Die Steuererhöhungen setzt das IHS für 2001 und auch 2002 mit 0,2 Prozentpunkten in der Inflationsrate an. Die vom Wifo errechnete Inflationsrate von 1,5 Prozent hält Felderer also für zu niedrig. (APA)