Frankfurt/Main - Ist die Ehe im Sinne einer lebenlangen Partnerschaft noch zeitgemäß? Wenn nicht, was veranlasst manche Paare dann dazu, es doch so lange miteinander auszuhalten? Sexualwissenschafter versuchen Grundfragen des menschlichen Zusammenlebens nachzugehen - und stoßen dabei auf Antworten, die den einen banal, den anderen aber überraschend erscheinen mögen.Liebe und Sex: keine Einheit Liebe und Sexualität driften demnach immer weiter auseinander. "Der Wunsch, dass beides zusammenkommt, ist noch immer sehr stark, aber es gelingt immer seltener", sagte Prof. Volkmar Sigusch, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Sexualwissenschaft (DGfS). Die traditionelle Grundanforderung an eine Beziehung habe sich auf wenige Punkte reduziert, sagt Sigusch. "Im Kern heißt die Regel: den anderen lieben und ihm treu sein." Die nüchterne Konsequenz der engen Kopplung beider Faktoren: Wenn das Gefühl des Verliebtseins nachlässt, haben viele Menschen nicht mehr das Gefühl, auch treu sein zu müssen. In einer breit angelegten Untersuchung will Sigusch, der auch Direktor des Frankfurter Instituts für Sexualwissenschaft ist, herausfinden, wie es manchen Paaren dennoch gelingt, jahrzehntelang ein erfülltes Sexualleben zu haben. Seine These: "Sie verbindet eine kleine Perversion." Wissenschaftlich wird der Begriff "pervers" nicht im Sinne von "abnorm" gebraucht, sondern meint eine lebenslange Begeisterung für eine bestimmte Sache, "zum Beispiel für eine bestimmte sexuelle Spielart, das Geräusch des Atems, den Geruch oder auch die Form der Nasenflügel". Sigusch zufolge laufen solche Mechanismen immer unbewusst ab. Ehe: eine Sache für Kurzlebige Die steigenden Scheidungszahlen erklärt Sigusch auch unkonventionell mit der gestiegenen Lebenserwartung: "Die Ehe wurde zu einer Zeit erfunden, als die Menschen wenige Jahre miteinander lebten. Heute soll ein Paar viele Jahrzehnte miteinander auskommen. Das hält diese Institution nicht aus." (APA/red)