München - Der Energiekonzern E.ON AG will das Kernkraftwerk Stade bei Hamburg und weitere Anlagen bis 2003 still legen. Insgesamt würden 4800 Megawatt Leistung und damit 16 Prozent der Stromerzeugungskapazität von E.ON vom Netz genommen, der Großteil davon bereits im kommenden Jahr, teilte der Düsseldorfer Konzern am Montag mit. Rund 1500 der 36.500 Arbeitsplätze im Konzern würden abgebaut, erklärte Hans-Dieter Harig, Vorstandschef der E.ON-Tochter E.ON Energie, in München. Die Stilllegungen belasteten den Gewinn im Jahr 2000 mit rund 400 Millionen Mark . Durch den Preisverfall auf dem deutschen Strommarkt werde das Betriebsergebnis von E.ON Energie um rund 30 Prozent zurückgehen. In Stade beginnt's Das 1972 in Betrieb genommene und damit älteste E.ON-Atomkraftwerk in Stade ist voraussichtlich das erste Kernkraftwerk, das nach dem im Sommer zwischen der deutschen Bundesregierung und Energiewirtschaft erzielten Kompromiss zum Atomausstieg vom Netz genommen wird. "Hier ging es darum, die Reißleine zu ziehen, bevor es einen umbringt", begründete Harig die drastischen Einschnitte. Durch die Liberalisierung des Strommarktes seien die Strompreise um bis zu 60 Prozent gesunken. "Das drückt auch die Erträge." In der deutschen Stromwirtschaft hätten sich außerdem Überkapazitäten angesammelt, die nun beseitigt werden müssten. "Wir haben uns jedes einzelne Kraftwerk angeschaut". Es würden die Anlagen still gelegt, die "selbst unter optimistischen Annahmen der Kosten- und Preisentwicklung nicht mehr Gewinn bringen würden". Durch die beschlossenen Schritte werde sich das Betriebsergebnis über die nächsten zehn Jahre per saldo um rund 1,4 Milliarden DM verbessern, hieß es. Die in der Vereinbarung festgelegte Reststrommenge für Stade hätte den Betrieb der Anlage bis 2004 ermöglicht. Für die Schließung des Atomkraftwerkes in der Nähe von Hamburg und die Endlagerung der radioaktiven Materialien von 1,3 Milliarden DM seinen bereits Rückstellungen gebildet worden, sagte Harig. Der Rückbau werde bis zu 14 Jahre dauern. Dafür würden noch rund die Hälfte der 305 Mitarbeiter in Stade weiter beschäftigt. Weitere Kandidaten Stillgelegt werden sollen außerdem Blöcke der Kraftwerke im bayerischen Arzberg, Aschaffenburg, Franken II, Offleben, Schwandorf und der Kraftwerksgruppe West im Ruhrgebiet. Vom Betrieb in den Konservierungszustand überführt werden Blöcke der Kraftwerke in Emden, Pleinting, Staudinger und Arzberg. Dadurch würden rund 700 Arbeitsplätze in Bayern, 500 in Niedersachsen, 200 in Nordrhein-Westfalen und 100 Stellen in Hessen wegfallen. Insgesamt hätten die Kraftwerke mit 15.000 Gigawattstunden rund drei Prozent des deutschen Stromverbrauchs gedeckt. Diese könnten aber kostengünstiger in anderen E.ON-Werken produziert oder im Ausland eingekauft werden. Insgesamt werde der Stellenabbau bei E.ON-Energie den Konzern rund 300 Millionen DM kosten, erläuterte Harig. Dazu kämen noch die Abbruchkosten und Belastungen durch die Verlagerung von Kapazitäten sowie die Beseitigung von Altlasten. Den vom Vorstand beschlossenen Schritten muss nun noch der Aufsichtsrat der E.ON Energie zustimmen. Das Gremium wird sich den Angaben zufolge am 26. Oktober treffen. Bayern denkt wie immer anders Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) kritisierte die geplanten Stilllegungen als strukturpolitisch nicht akzeptabel. Die Landesregierung sei mit der Entscheidung nicht einverstanden. "Wir werden die E.ON AG vor allem wegen der bisherigen Zusagen, das Kraftwerk Arzberg in Oberfranken bis 2005 weiter zu betreiben, nicht aus ihrer strukturpolitischen Verantwortung entlassen." Im vergangenen Jahr hatte E.ON Energie einen Betriebsgewinn von 2,56 Milliarden Euro (35,2 Mrd. S) erzielt. Die E.ON-Tochter war im Rahmen der Fusion der Mutterkonzerne Viag und Veba durch den Zusammenschluss der Energie-Töchter Bayernwerk und PreussenElektra entstanden. Die E.ON-Aktien schlossen am Montag um 1,2 Prozent niedriger auf 59,60 Euro. (APA/Reuters)