Frankfurt/Main - Die Frankfurter Buchmesse sieht sich in diesem Jahr mehr denn je einer Invasion von "E-Content" ausgesetzt: Elektronische Inhalte lassen sich nicht länger in einer einzigen Halle unterbringen, sondern ziehen sich wie ein roter Faden durch das Angebot aller Messehallen. Von den 6.791 Ausstellern aus 106 Ländern bringen rund 2.500 in irgendeiner Form ein elektronisches Angebot mit - das ist mehr als jeder dritte Verlag. Wenn es in den Messehallen vom 18. bis 23. Oktober noch ein Refugium ohne Elektronik gibt, dann noch am ehesten in der Welt der Belletristik. Hier tastet sich das "elektronische Buch", das eBook, nur zögernd vor. Das Interesse des Publikums ist in Europa ebenso begrenzt wie in den USA, wo die ersten elektronischen Lesegeräte bereits 1998 eingeführt wurden. Allenfalls die großen Konzerne geben dem eBook eine Chance und bieten Romane für das "Rocket eBook" des US-Herstellers NuvoMedia an. Das bequem in der Hand liegende Gerät zum Preis von 675 Mark (4.749 S) hat aus Sicht der Bücherfreunde einen entscheidenden Nachteil: Es lässt sich weder kopieren und an Freunde ausleihen noch ausdrucken. "Frankfurt eBook Award" soll dem digitalen Buch Aufmerksamkeit einbringen Genau das aber ist aus Sicht der Verlage eine zentrale Bedingung für die Beteiligung am elektronischen Buchprojekt: Auf keinen Fall soll es der Buchbranche so ergehen wie der Musikindustrie, wo das frei kopierbare MP3-Format zu massenhaften Verletzungen von Urheberrechten im Internet geführt hat. Um das neue Medium mehr in den Blickpunkt zu rücken, wird auf der Messe erstmals ein mit 100.000 Dollar (115.009 Euro/1,58 Mill. S) dotierter "Frankfurt eBook Award" verliehen - mit Unterstützung führender Softwarefirmen. Sprachrecorder, Notizbuch und MP3-Player Der von den Lesegeräten unterstützte OEB-Standard (Open eBook) ermöglicht eine ausgefeilte Digitale Rechteverwaltung - der elektronische Text lässt sich nur auf einem einzigen Lesegerät anzeigen, dessen Seriennummer dazu abgefragt wird. Auf diesem Prinzip baut auch der "eBookman" der Firma Franklin auf, der auf der Buchmesse erstmals vorgestellt wird. Dieses unter 500 Mark (256 Euro/3.518 S) kostende Gerät mit einem Speicher von acht MB wirbt mit zusätzlichen Funktionen um Käufer: Es dient nicht nur als eBook, sondern auch als Sprachrecorder, Notizbuch und MP3-Player - dann aber dürfte der interne Speicher von acht oder wahlweise auch 16 MB schnell erschöpft sein. Ohne große Begeisterung wird das eBook von Fachverlagen beäugt. Er könne dafür derzeit noch keinen Markt erkennen, sagt etwa der Geschäftsführer des Berliner Verlags DirectMedia, Ralf Szymanski. Somit bleibt die CD-ROM zunächst wohl weiterhin die erste Wahl als Datenträger für Buchtexte, ergänzt durch die DVD bei besonders großen Datenmengen, und dicht gefolgt vom Internet. Brockhaus stellt elektronische Lexikon vor Rechtzeitig zur Buchmesse hat der Mannheimer Brockhaus-Verlag sein neues elektronisches Lexikon vorgestellt, das erstmals Erkenntnisse der Computerlinguistik für ein maschinell erstelltes "Wissensnetz" nutzt. Bei mehr als 172.000 Stichwörtern bietet der "Brockhaus multimedial 2001" jetzt 60 Prozent mehr Text als zuvor. Und wo der Text mit seinem Latein am Ende ist, springen Bilder und Töne ein: 13.000 Fotos, Tondokumente mit einer Dauer von elfeinhalb Stunden, 280 historische Karten und Nachrichtenfilme mit einem Umfang von zwei Stunden füllen zusammen mit dem Text in der "Premium"-Ausgabe fünf CD-ROM-Scheiben. Hier ist die zum gleichen Preis von 179 Mark (91,5 Euro/1.259 S) angebotene DVD-Alternative sinnvoll, da dann der lästige CD-Wechsel entfällt. (APA/AP)