Wien - Das Ende der Sparbuch-Anonymität in Österreich, das nicht abrupt erfolgen wird, sondern mit einer Übergangsfrist vom 1. November dieses Jahres bis 30. Juni 2002, wird die heimischen Geldinstitute eine Stange Geld kosten. Wie viel es genau sein wird, wissen sie selbst noch nicht, sie können sich derzeit nur auf vage Schätzungen stützen.

Wie Andreas Ecker von der Raiffeisen Zentralbank (RZB) dem STANDARD mitteilte, habe eine erste grobe Schätzung für den Raiffeisensektor einen Betrag von mindestens 300 Mio. S ergeben. Diese Schätzung beruhe auf 6,5 Mio. Sparbüchern, die der Sektor verwalte, und einer durchschnittlichen Beratungszeit von 15 Minuten je Sparer. Daraus ergebe sich allein ein Personalaufwand von 200.000 Manntagen, außerdem fielen aber auch noch Sachkosten an.

Am intensivsten hat sich bisher der Volksbankensektor mit diesem Thema auseinander gesetzt. "Wir gehen für den gesamten Sektor von einem Betrag in der Größenordnung von 200 Mio. S aus", sagte Birgit Oczko vom Spitzeninstitut ÖVAG zum STANDARD. Insgesamt verwalteten die Volksbanken derzeit rund zwei Mio. Sparbücher.

Da die Legitimierung der anonymen Sparbücher für die Kunden auf jeden Fall kostenlos sein werde, würden sämtliche Aufwendungen zulasten der Geldinstitute gehen. Die Volksbanken rechnen dabei mit einem Betrag von 100 S je Sparer, was hochgerechnet eben die Summe von 200 Mio. S ergebe. In dieser Schätzung seien sowohl Sach- als auch Personalkosten enthalten.

Die Bank Austria, die 2,2 Mio. Sparkonten verwaltet, will ebenso wie ihre Tochter Creditanstalt (CA - 800.000 Sparbücher), die Umstellungsphase möglichst schnell hinter sich bringen. Für die Legitimierung der Sparbücher haben beide Institute bis 3. November in ihren Wiener und einem Teil ihrer niederösterreichische Zweigstellen täglich bis 17 Uhr 30 geöffnet. Die gesamten Personalkosten der Bank Austria für diese "Intensivphase", bezifferte Karl Mauk auf 50 Mannjahre. Hinzu kämen noch Sachaufwendungen in der Größenordnung von etwa 20 Mio. S. "Wir gehen davon aus, dass bis Anfang November 25 Prozent aller Sparbücher legitimiert werden, weitere 25 Prozent dann bis Mitte 2002", setzt Mauk die Erwartungen nicht allzu hoch an.

CA-Pressesprecher Gerhard Reidlinger nennt als Sachkosten für die Umstellung vorerst "einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag". Außerdem fielen noch zusätzliche Personalkosten, etwa für Schulungen oder Überstunden, an.

Für die Erste Bank, die mehr als 1,1 Mio. Sparkonten verwaltet, schätzt Pressesprecher Michael Mauritz die Legitimierungskosten auf "einen hohen einstelligen Millionenbetrag", der vor allem aus dem EDV- und Überstundenaufwand resultiere. (gb/DER STANDARD, Print Ausgabe 11.10.2000)