Mit seinen 28 Jahren kann Andy Müller-Maguhn bereits auf 16 Jahre Erfahrung mit elektronischen Netzwerken zurückblicken. In der Nacht auf Mittwoch ist der Sprecher des Hamburger Chaos Computer Clubs (CCC) als europäischer Vertreter in das Direktorium der weltweiten "Internet-Regierung" ICANN gewählt worden. Der in Berlin lebende Journalist und Betreiber eines "Datenreisebüros" versteht sich zwar technisch bestens auf den Umgang mit komplizierten Netzwerken, hat dabei aber immer den gesellschaftlichen und politischen Umgang mit den neuen Medien im Blick. Privat und beruflich beschäftigt sich Müller-Maguhn mit den Chancen und Risiken neuer Technologien und deren gesellschaftlichen Nutzwert. Ein Verbot etwa von rechtsradikalen Internet-Seiten lehnt der Verfechter für ein freies Internet konsequent ab. Statt zur Zensur zu greifen, müsse nach Müller-Maguhn die Medienkompetenz der Menschen gefördert werden. Wegen seiner Mitgliedschaft im CCC war Müller-Maguhn vor den ICANN-Wahlen vor allem im Ausland kritisch beäugt worden. Noch immer haftet dem eingetragenen Verein der Ruf einer anarchistischen Verbindung von kriminellen oder halbkriminellen "Hackern" an. Dabei herrscht unter den rund 1.600 Mitgliedern Einigkeit über eine strenge Ethik. Danach darf kein Hacker entdeckte Sicherheitslücken kommerziell oder sogar kriminell missbrauchen, sondern muss sie für den allgemeinen Nutzen veröffentlichen. Mit spektakulären Aktionen hatte sich der Club, der sich selbst als "galaktische Gemeinschaft von Lebewesen, unabhängig von Alter, Geschlecht und Rasse sowie gesellschaftlicher Stellung" bezeichnet, über die Jahre jedoch in Sicherheitsfragen einen guten Ruf erworben. So machte er auf Sicherheitslücken in Hard- und Software sowie bei EC-Karten und Handy-Karten (SIM) aufmerksam. 1998 befürchtete Club-Gründer Wau Holland auf dem jährlichen CCC-Congress in Hamburg sogar, die Mitglieder des Clubs könnten die "Trüffelschweine der Industrie" werden. (APA/dpa)