Das Verschwinden der "alten" Haustierrassen ging fast unbemerkt vonstatten. Nun werden Brillenschafe, Hausgänse, Wollschweine und Co. auf eigenen Höfen gezüchtet. Irene Brickner besuchte einen "Arche"-Bauern im Burgenland. Oberwart - Auf dem Hügel, hinterm Gatter, grunzt und schabt es. "Nutschnutsch- nutsch!", ruft der Bauer, die Tiere drücken sich noch enger an den Zaun: Schweine mit Locken, wie es scheint. Hufe und Beine des Ebers und der fünf Säue sind dreckverkrustet. Das kommt von der Kletterpartie durch den steilen, feuchten Wald, die man solch dickbäuchigen Tieren gar nicht zutraut. Doch Franz Hochriesers Mangalitzaschweine - eine alte Speckschweinrasse, deren Fleisch bis in die 1950er-Jahre hinein in Österreich als Delikatesse galt - sind von robuster Konstitution. Ihre dichte Körperbehaarung lässt sie Kälte wie Hitze mit Gleichmut ertragen, weshalb sie, wie ihr Besitzer betont, "für das Leben im Freien wie geschaffen sind". Ihre dichte Behaarung wurde früher von Bürstenbindern verarbeitet. Überhaupt - so der Litzelsdorfer Landwirt, der sich seit drei Jahren der Zucht und Pflege vom Aussterben bedrohter Haustierrrassen widmet - seien die Nutztiere "von früher" Stress- und krankheitsresistenter als "moderne" Fleisch- und Milchlieferanten. Die Wald- und Vierhornschafe zum Beispiel, denen im Sommer nichts bis wenig zugefüttert werden muss, weil sie als lebende Rasenmäher frei im Gelände umherlaufen. Ebenso die Pinzgauer Ziegen, die Altsteirer Hühner und die große Familie von Landgänsen, die jeden "Eindringling" vielschnabelig niederzischt. "All diese Tiere", meint Wolfgang Unterlercher vom "Verein zur Erhaltung gefährdeter Haustierrassen" (VEGH), "sind ein wichtiges Genreservoir und Kulturgut. Jahrhundertelang haben sie die Landbevölkerung begleitet, nun sollten sie wie im Museum erhalten werden." Erst die seit 1970 forcierte "Produktion um jeden Preis" habe die traditionellen Arten von den Höfen verschwinden lassen - weil sie "für Massenhaltung nicht geeignet" seien. Ein laut Unterlechner "großes Problem", zumal in den letzten Jahren "vor allem Städter" umdachten: Produkte von artgerecht gehaltenen Tieren seien auf dem Vormarsch. Die Betreiber der bundesweit acht "Arche-Höfe" und die rund 700 VEGH-Mitglieder leisteten da Vorarbeit. Magere Förderungen Natürlich, so der VEGH-Geschäftsführer, seien die hohen Kosten ein Problem: Die erhöhten Förderungen ab 2001 machten, für ein Zuchtschwein zum Beispiel, höchstens 2000 Schilling (145,3 EURO) pro Jahr aus. Doch den VEGH-Bauern gehe es eben auch um die Sache selbst. Wie auch Franz Hochrieser sagt, der seine "Arche" in einen Erlebnisbauernhof samt Gasthaus umgebaut hat: "Mir ist wichtig, dass unsere Lebensgrundlagen nicht mutwillig zerstört werden." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11. 10. 2000).