Egyd Gstättner

Es war einmal ein ganz kleiner Mann auf einer ganz kleinen Straße, einer der circa 7,5 Millionen Wirtschaftsexperten und Finanzminister seines Landes nämlich, der fand eisernes Sparen schick, denn da geht man nicht nur selbst leer aus, sondern auch die anderen. Hihi! Weil er aber ein kleiner Mann mit großer moralischer Integrität war, fing er zunächst damit an, bei sich selbst einzusparen: Er blickte in den Spiegel und sah, dass man auch mit einem Auge sehen kann - also stach er sich das andere aus. Wie erleichtert war er da! Wie optisch gesundgeschrumpft!

Menschen mit vermindertem Sehvermögen entwickeln bekanntlich ein besseres Gehör, weshalb er - Schmalspurbohemien durch und durch - es sich nun locker leisten konnte, eines seiner beiden Ohren wegzuschneiden, was ihn - wenn auch nur unwesentlich - seinem Idealgewicht näher brachte. Der kleine Mann öffnete den Mund und fragte sich: Was soll ich mit 32 Zähnen? 16 tun's auch. Also raus mit dem Rest. Fortan aß er hauptsächlich Kohlenhydrate - also Spaghetti - , wozu man nur eine Gabel braucht, und als Rechtshändler konsolidierte er sich mit eben dieser Rechten die überflüssig gewordene Linke mit schnellem Schnitt vom Leib.

Er fühlte sich ganz hervorragend, und seine Hochstimmung wurde nur dadurch getrübt, dass seine selbstsüchtigen Mitmenschen seinem Beispiel nicht und nicht folgen wollten. Der kleine Mann drehte sich angewidert um - und was musste er sehen? Zwei Arschbacken! Welche Verschwendung! Also operierte er sofort eine weg, was den Vorteil brachte, dass er zum Sitzen nur noch einen halben Sessel benötigte.

Jedenfalls war er nun in der Lage, seinen Gürtel so eng zu schnallen wie nie zuvor. In seiner Freizeit las der kleine Mann im Rahmen seiner Budgetsanierung ausschließlich Bücher über ihn selbst - anatomische, versteht sich: Was? Extra Luftröhre, extra Speiseröhre? Das schreit doch nach Zusammenlegung! Zwölffingerdarm? Zwei Finger ab! Ordnung muss sein. Rückgrat? Bringt nichts! Wegrationalisieren. Schleimbeutel? Wie unappetitlich! Weg damit! Weiße Blutkörperchen? Wozu? Blut ist rot. Schlechte Leberwerte? Freisetzen! In mir haben nur fleißige, ehrliche, anständige Organe Platz.

Bei dieser ultimativen Autooperation muss aber etwas schief gelaufen sein, denn beim Erwachen aus der Narkose fand er sich Aug in Aug mit dem heiligen Petrus wieder und nahm ihm sofort die überflüssigen Schlüssel vom Bund. Testamentarisch hatte der kleine Mann verfügt, seinen Sarg einzusparen und seine Leiche stattdessen lieber in einer Bananenschachtel endzulagern.

Die Hinterbliebenen kamen diesem letzten Willen gerne nach und feierten mit den eingesparten Begräbniskosten ein großes, berauschendes Abschiedsfest mit Lasershow, Feuerwerk, Folklore, Freibier, Freiwürstel, Freikarviar, Freiplüschbären, Freifrühschoppen, Beachvolleyballfestivals. Was machen schon die paar Millionen? Man muss die Feste eben feiern, wie die Gefeierten fallen!

Egyd Gstättner ist Schriftsteller in Klagenfurt.