Bild nicht mehr verfügbar.

Grafik: Archiv
London - Mit dem Auftragen von Speichel und Zucker offene Wunden heilen? Ja, antwortet laut New Scientist eine wachsende Schar britischer und neuseeländischer Ärzte, die ein altes Heilmittel wieder entdeckt haben: Honig, äußerlich angewandt. Manche Sorten wirken im Labor und kleinen Tests an Menschen besser gegen Bakterien als herkömmliche Antibiotika, und sie fördern den Heilprozess der Haut. Bienen machen Honig aus Nektar, den sie durchkauen und in die Waben spucken. Zum Schutz gegen Pathogene enthält er das Enzym Glukose Oxidase, das seinen pH-Wert in den sauren Bereich schiebt. Diese Milieu mögen viele Bakterien nicht, aber Honig hat noch eine zweite, stärkere Waffe: Wasserstoffperoxid, wieder von der Oxidase gemacht. Wasserstoffperoxid ist eine höchst aggressive Chemikalie, die Bakterien tötet. Deshalb hat man sie früher auch an offenen Wunden verwendet, aber man musste so hohe Konzentrationen nehmen, dass auch gesundes Gewebe Schaden nahm. In Honig ist die Konzentration sehr viel geringer, aber das Enzym liefert ständig neues Wasserstoffperoxid nach. Allerdings ist Honig nicht gleich Honig: Der Nektar mancher Pflanzen enthält ein anderes Enzym, das Wasserstoffperoxid rasch abbaut, der Nektar anderer greift die Oxidase an. Und wenn man Honig erhitzt, zerfällt sie ohnehin. Um so größer ist die Überraschung, dass mancher Honig auch nach dem Erhitzen noch antibakteriell wirkt: Honig von australischen und neuseeländischen Teebäumen. Vor 18 Jahren bemerkte es ein neuseeländischer Forscher, seither sucht er die Wirksubstanz und hat sie immer noch nicht gefunden. Aber er kann im Labor zeigen, dass sie selbst gegen gefürchtete Bakterien wirkt, die gegen viele Antibiotika resistent geworden sind. Und Honig wehrt nicht nur ab, er befördert auch die Regeneration, stärkt das Immunsystem und lässt neue Blutgefäße rascher wachsen. Allerdings raten die Forscher dringend von Selbstmedikation ab: Zum einen ist das ganze Feld noch neu und umstritten. Und zum anderen kann Honig gefährliche Sporen enthalten, die nicht in Wunden geraten dürfen und durch Pasteurisieren - bei Honig oft angewandt - nicht abgetötet werden. (jl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14./15. 10. 2000)