Biarritz - Das Tauziehen zwischen kleinen und großen EU-Mitgliedstaaten um die künftige Machtverteilung in der Europäischen Union hat den informellen Gipfel in Biarritz beherrscht. Als größten Stolperstein bei den Verhandlungen über die notwendigen EU-interne Reformen vor der Osterweiterung bezeichneten deutsche Regierungskreise in der Nacht auf den Samstag Größe und Zusammensetzung der EU-Kommission. Acht Wochen vor dem Gipfel in Nizza, bei dem die Reformen beschlossen werden sollen, zeichnete sich noch keine Einigung in dieser Frage ab. Rotationssystem Frankreich, Deutschland, Großbritannien und Italien sind nach Angaben von deutschen Delegationskreisen bereit, zeitweise auf "ihren" EU-Kommissar zu verzichten, falls ein Rotationssystem eingeführt wird. Damit soll die Zahl der EU-Kommissare begrenzt werden, etwa auf 15 oder 20 Mitglieder. Ziel ist die Zahl der EU-Kommissare von heute 20 nicht bei jedem Neubeitritt automatisch anzupassen und die europäische Exekutive nicht mit künftig bis zu 30 Mitgliedern in die Handlungsunfähigkeit zu manövrieren. Kleine Länder bleiben hart Der französische Staatspräsident Jacques Chirac forderte die kleinen Partner am Freitag bei einem "etwas stürmischen" Abendessen der fünfzehn EU-Chefs auf, ihren Widerstand gegen ein Rotationssystem aufzugeben, wie Delegierte anschließend berichteten. Sollte sich die Osterweiterung wegen des Streits um die Größe der Kommission verzögern, trügen sie die Verantwortung, hielt Chirac den kleinen Partnern vor. Dagegen wollen die Kleinen ihren Kommissar als Identifikationsfigur und Legitimation der EU-Behörde verteidigen. Keines der kleinen Länder sei aus der Front ausgeschert, hieß es in EU-Diplomatenkreisen. "Bewegung" gab es in Biarritz laut EU-Kreisen in der Frage einer verstärkten Zusammenarbeit. Wenn zumindest acht der fünfzehn EU-Staaten bei der Integration rascher vorangehen wollen, sollen die anderen Partner sie nicht daran hindern können. (APA)