Tom Tykwer ist seit "Lola rennt" Deutschlands gefragtester Jung-Regiesseur. Sein neuer und bereits vierter Spielfilm "Der Krieger und die Kaiserin" - ein Film über die Liebe, wie sich die Liebe findet - wurde im Rahmen der Viennale präsentiert und kommt dieser Tage in die österreichischen Kinos. derStandard.at hat mit dem 1965 geborenen Regisseur gesprochen. derStandard.at: "Der Krieger und die Kaiserin" ist ein Titel, der eher verstaubt und nach Kostümfilm klingt. Tom Tykwer: Es ist ein Titel, der große Assoziationen weckt. Wenn man dann die ersten Bilder sieht, weiß man, das ist kein historischer Film. Aber er verspricht so was wie: episch, breit, voluminös – ich hoffe, dass er das auch geworden ist. derStandard.at: Der Text ist für einen Liebsfilm sehr kurz und knapp gehalten. Etwas, was man eher selten vorfindet. Die Sprache in meinem Film ist oft sehr direkt. Das sieht man sehr klar bei Sissi, die, wenn sie was sagt, sagt, was sie sich denkt, was der Plan ist, oder eben nicht der Plan ist. Wenn die Worte anders formuliert werden und in ein anderes Timing gebracht werden, hört man plötzlich anders hin und realisiert, dass da eine andere Energie drin steckt. Wir haben ja, als wir über die Figur nachgedacht haben, "Die Entdeckung der Langsamkeit" gelesen. Da gibt es diese Figur des John Franklin, der am Anfang als behindert dasteht, weil er so langsam ist - wo durch die Langsamkeit eine gewisse Macht entsteht, weil er dadurch auch eine gewisse Genauigkeit in Bezug auf Positionen und Beobachtungen hat, die andere in ihrer Hektik gar nicht mehr haben. derStandard.at: Sissi ist damit vergleichbar? Tom Tykwer: Sissi hat sowas ja auch. Sie hat ja von dem Moment an, wo sie sich entscheidet, eine gnadenlose Vehemenz, die gar nicht mehr zusammengeht mit der Welt, die wir gewohnt sind. Dadurch entsteht auch eine Macht, die sie selber erst für sich entdecken muss. Die Sprache formuliert sich ja nicht durch die Worte, sondern dadurch, wie sie sie spricht. derStandard.at: Die Worte sind durch ihre Knappheit auch sehr klar und bestimmt wie z.B. in der Szene in der Bank, wo Sissi sagt 'Das geht nicht'. Tom Tykwer: Wenn sie etwas formuliert, dann das, was für sie logisch ist. Sie geht in die Bank und sagt "Das geht nicht", "Sie können jetzt nicht schießen". Sie verbreitet keine Hektik. Sie sagt das so, dass der Typ hypnotisiert ist von der Art wie sie das sagt. Weil es so klar und schlicht ist, wird das, was sie sagt sozusagen zum Gesetz. Das gefällt mir an dieser ganzen Art, dass jemand sich gar nicht ablenken lässt, was ja auch durch viel Gerede passieren kann. derStandard.at: Einer ihrer Lieblingsregisseure, Wim Wenders hat einen sehr speziellen Zugang zu Text im Film. Welchen Stellenwert hat der Text in ihrer Arbeit? Tom Tykwer: Text ist natürlich wichtig für den Film. Für mich ist am Wichtigsten, dass man über die Sprache, wenn man sie hört, gar nicht nachdenkt. Dass die Sprache sich nicht seperiert von den Menschen. Das find ich bei Wenders in den guten Filmen gelungen und manchmal auch misslungen. Das stört mich dann auch, wenn ich merke, dass da irgendwo ein Text ist und da ist ein Mensch - und es gibt keine Einheit. Da wird was zitiert oder rezitiert und ich soll speziell auf eine bestimmte Wortwahl achten, aber ich kann sie gar nicht mehr rückverbinden zu den Figuren, die sie sprechen. (Das Gespräch führte Pia Feichtenschlager)