"Frauen sind wie Benzin, Männer wie Feuer: Kommen sie sich zu nahe, gibt es eine Explosion": Die Vergleiche des älteren Besuchers von Zinat sind einigermaßen drastisch. Zweck seiner rhetorischen Anstrengung ist es, die junge Frau von der Kandidatur bei den iranischen Gemeinderatswahlen von 1999 abzubringen. Doch Zinat lässt sich nicht leicht einschüchtern, sie hält dem Patriarchen vielmehr schlagfertig entgegen, wie viele der Missstände in ihrem Dorf auf der Insel Qeshm am Persischen Golf nicht beseitigt wurden. Immer noch warten die Mädchen etwa auf eine Schule, immer noch ist das Wasser verschmutzt. Die Konfrontation bildet das Herzstück in Ebrahim Mokhtaris Dokumentation Zinat, yek rouze bekhosous . Am Tag der Wahl rückt er mit seinem Kamerateam an, um den Ablauf des Ereignisses mitzuverfolgen. Zinat hat bereits mehrere Etappen in ihrem Kampf um mehr Gleichberechtigung für sich entscheiden können: Sie hat die boregeh, die traditionelle Maske verheirateter Frauen, abgelegt und sich zur Krankenschwester ausbilden lassen. Nun wagt sie den nächsten Schritt in die von Männern dominierte Kommunalpolitik. Mokhtari bewegt sich vorwiegend im Haus von Zinats Familie, weil ihm das Filmen der Stimmabgabe untersagt wurde. Die privaten Räumlichkeiten der Krankenschwester sind jedoch keineswegs hermetisch von der Politik abgeriegelt: Entweder finden sich Patienten ein, die Anlass dazu geben, Zinat bei der Arbeit zu beobachten, oder aber es werden die jüngsten Neuigkeiten der Wahl von der Dorfjugend eingeholt und dann verhandelt. Über allem steht jedoch Zinat selbst, die mit vehementem Engagement das Potenzial der gesellschaftlichen Veränderung verkörpert. Ihr Mann hält sich dagegen mit ihr verschworen im Hintergrund. Auch in Mokarrameh, khaterat va royaha , dem zweiten Film Mokhtaris, den die Viennale präsentiert, steht eine Frau im Mittelpunkt. Ein Privatleben gewinnt darin politische Brisanz: Die alte Bäuerin Mokarrameh hat in hohem Alter wie besessen zu malen begonnen. Ihre Bilder haben sich bereits auf alle Wände ihres Hauses ausgedehnt. Der Besuch der Zweitfrau ihres verstorbenen Mannes gerät zur Begegnung mit der Vergangenheit: Sie erzählt ihr die Geschichten zu ihren Malereien, in denen sich ein ganzes Leben widerspiegelt, das beispielhaft für die Kultur der Unterdrückung von Frauen ist. Hin und wieder ist darauf auch der gemeinsame Ehemann zu sehen, in erinnerten Szenen körperlicher Gewalt: "Zur Hölle mit ihm", flucht Mokarrameh dann jedes Mal. Mokhtaris Botschaft ist zweimal implizit, aber eindeutig: Die Hoffnung ruht auf diesen Frauen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, Beilage 17./18. 10. 2000)