Den meisten Studentinnen, die im Sommersemester am Diplomarbeitscoaching teilnahmen, ging es ähnlich. Sie dachten, dass sie mit ihrem Problem, die Diplomarbeit nicht fertig stellen zu können, allein da stehen. Das war die erste – und vielleicht auch wichtigste – Erkenntnis des Coachings, denn dort galt es anzusetzen. „Gemeinsam wird es viel leichter“, erzählt eine Teilnehmerin. Hintergrund des Diplomarbeitscoachings, das dieses Wintersemester zum dritten Mal statt findet, ist die Frage, wie Frauen beim erfolgreichen Abschluss ihres Studiums unterstützt werden können. Die Universitäten sind zwar seit etwas mehr als einem Jahrhundert formal für Frauen als Studentinnen geöffnet, diese Möglichkeit der Teilhabe spiegelt sich aber keineswegs durch die Hierarchien wider: 65% der Erstinskribierenden sind Frauen, jedoch nur 4,4% ordentliche Professorinnen. Im Sinne der Selbstermächtigung soll aber nicht nur der weibliche wissenschaftliche Nachwuchs gefördert werden, auch mehr gruppenzentrierte Einrichtungen (besonders für Diplomandinnen und Dissertantinnen) wurden von Studentinnen gefordert. Inhalte und Ziele Im Sommersemester 1999 wurde auf Initiative des Frauenreferates an der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH) der Universität Wien das erste Diplomarbeitscoaching durchgeführt, das großen Anklang fand. Durch den mit den ÖH-Wahlen verbundenen Exekutivwechsel wurde die Idee erst ein Jahr später wieder von der Frauengruppe der Grund- und Integrativwissenschaftlichen Fakultätsvertretung (kurz GRUWI) aufgegriffen. Inzwischen können, finanziert durch GRUWI, GEWI (die Geisteswissenschaftliche Fakultätsvertretung) und dem Projektzentrum für Frauenförderung an der Universität Wien, zwei Gruppen angeboten werden. Thema sind universitäre und wissenschaftsimmanente Strukturen, die Bedeutungen und Implikationen von Diplomarbeiten und Studienabschlüssen sowie Mut, Ängste, Un/sicherheiten, Freude – alles, was im Verlauf des Diplomarbeits-Prozesses wirksam wird. Da es nicht um die Inhalte der Arbeit geht, ist es egal, aus welcher Studienrichtung die Teilnehmerinnen kommen. Motivation Ausgehend von den Schwierigkeiten und Verhinderungen, die Studentinnen haben, entwickelten die Trainerinnen Katharina Pewny und Regina Trotz die Inhalte und Ziele des Coachings, die in vier Schwerpunkte gegliedert werden können: Motivation, Selbstorganisation, Organisation und Konzeption der Arbeit sowie Kontakte, gegenseitige Unterstützung und Austausch. „Jede Studentin kann von ihrem Ist-Stand ausgehend, Arbeitsschritte setzen, die sie der Beendigung ihres Studiums ein entscheidendes Stück näher bringen und sie befähigen, auch nach dem Coaching in diesem Arbeitsprozess zu bleiben und das Studium erfolgreich zu beenden“, sind die Trainerinnen überzeugt. Großer Anklang Die zwei Diplomarbeitscoachings, die bisher statt gefunden haben, fanden großen Anklang. Das Angebot wurde nicht zuletzt begrüßt, weil die Betreuung an den Universitäten im DiplomandInnenseminar „nicht adäquat“ ist. Der Kritik, dass aufgrund der Terminsetzungen ein Ausschluss von berufstätigen Studentinnen und Frauen mit Kindern passiert, wurden im vergangenen Semester Wochenendtermine entgegengesetzt. Aber auch diese waren für manche Interessentinnen ausschließend. „Das ist unglaublich schwierig“, erzählt Maria Pohn-Weidinger von der GRUWI-Frauengruppe, „wir denken aber schon daran, Kinderbetreuung anzubieten“. In Zukunft werde enger mit dem Projektzentrum für Frauenförderung zusammen gearbeitet, um das Angebot erweitern zu können: Bei Wunsch z.B. eine Supervision für Gruppen, die nach dem Coaching zusammen weiterarbeiten. Herstory Dass Frauen auf der GRUWI so präsent sind, ist keine Selbstverständlichkeit. Noch 1996 hatten in der linken Fakultätsvertretung die Männer das Sagen: Sie waren die Vorsitzenden und stellten sich auch sonst in den Mittelpunkt. Der Umbruch kam noch im selben Jahr, als sich die dort arbeitenden Frauen zusammenschlossen und ein Drittel des Budgets erkämpften, um mehr Geld für ihre Arbeit und die Unterstützung anderer feministischer Projekte zu haben. Auch den Vorsitz stellten von da an Frauen. Frauen, die Interesse an einer Mitarbeit haben, sind jederzeit willkommen. Eine Selbstverständlichkeit ist inzwischen, dass das Frauenplenum, das einmal im Monat statt findet, dieselben Entscheidungsbefugnisse wie das gemischtgeschlechtliche hat. Letzteres unterstützt inzwischen auch meiste jene Projekte, die vom Frauenplenum unterstützt werden. Warum gibt es die Frauengruppe und das eigene Plenum dann überhaupt noch? „Die Unterschiede liegen in den Inhalten“, erklärt Maria Pohn-Weidinger, „zum Beispiel arbeiten wir aus, wie die Studiengebühren Studentinnen treffen. Das geht in der Diskussion bisher unter.“ Weiber-laut Neben der Herausgabe der Frauenforscherin (dem kommentierten Vorlesungsverzeichnis der Lehrveranstaltungen zu Feministischer Theorie / Gender Studies) arbeitet die GRUWI-Frauengruppe auch daran, Frauen an den Universitäten Gehör zu verschaffen. Mit der Reihe „weiber-laut“ sollen Diplomarbeiten und die darin gewonnenen Forschungsergebnisse nicht in den Archiven "verstauben" sondern Frauen und ihre Arbeit(en) sichtbar gemacht werden. Studentinnen/Absolventinnen können ihre Arbeiten (Diplomarbeit, Dissertation, aber auch einschlägige Konzepte oder ausführlichere Seminararbeiten) präsentieren und erhalten ein Honorar von 1.500 Schilling. Eine Beschränkung auf bestimmte Studienrichtungen besteht nicht. Dabei soll auf der einen Seite eine interessierte Öffentlichkeit (bei Wunsch auch women only!) über neuere wissenschaftliche Arbeiten und Erkenntnisse informiert werden, auf der anderen Seite soll Frauen Raum geboten werden, mit der Vorgabe ihres spezifischen Themas eine Diskussion und damit einen Diskurs darüber einzufordern. Ein solcher Rahmen bietet auch Vernetzungsmöglichkeiten für interessierte Frauen und Anregung für wissenschaftliche und/oder projektorientierte Weiterentwicklung der diskutierten Themen. Bislang noch in Planung befindet sich eine ausführlichere Broschüre zu den einzelnen Vortragsabenden. Schwerer Zugang Geschichtlich war „weiber-laut“ kleiner konzipiert. Der Zugang zu Frauen sei sehr schwer zu finden und verlaufe hauptsächlich über persönliche Kontakte, erzählt Maria Pohn-Weidinger. Die Vorträge und Diskussionen waren für alle spannend, für die Vortragenden „primär etwas Neues“. Denn Frauen erhalten an den Universitäten viel weniger die Möglichkeit, ihre Arbeit zu präsentieren. Oft ist auch die innere Hürde größer, viel öfter werden sie aber erst gar nicht angesprochen. Aufgrund fehlender habilitierter Frauen, die die Arbeiten der Studentinnen betreuen könnten, werden diese auch kaum „gepuscht“. „weiber-laut“, das aus dem GRUWI-Budget finanziert wird, soll nun viel bekannter gemacht werden. Eine Kooperation mit Lehrenden ist in Planung. Frauen, die ihre Arbeit(en) vorstellen wollen, sind hiermit aufgerufen, sich zahlreich zu melden! Termine Dipl.-Coaching "Anfang": Für Studentinnen, die kurz vor / oder am Anfang der Diplomarbeit sind. Di. 24.10., 7.11., 21.11., 19.12., 16.1., 30.1. - jeweils 14-17 Uhr Dipl.-Coaching "Mitte": Für Studentinnen, die seit einiger Zeit an der Dipl.-Arbeit arbeiten, aber vor Problemen stehen, die das Weiterkommen zur Zeit beeinträchtigen/verhindern. Fr. 10.11., 24.11., 1.12., 22.12., 12.1., 2.2. - jeweils 14-17 Uhr, nur am 24.11. stattdessen von 18-21 Uhr Ort: Frauenhetz, 3., Hetzgasse 42/1 Selbstbehalt für die Teilnehmerinnen: 400,- pro Semester Kontakt GRUWI-Frauengruppe Rooseveltplatz 5a Postfach 101 1090 Wien Frauenjournaldienst: Mi 12 – 14 Uhr Frauenplenum: jeden ersten Do im Monat ab 19 Uhr Tel.: 01/403 40 20 http://www.univie.ac.at/fvgruwi Frauenforscherin: http://kovo.frauenweb.at gruwi@reflex.at Daniela Yeoh