Bern – Der Schweizer Bundespräsident Adolf Ogi tritt zurück. Wie der 58-jährige Politiker am Mittwoch in Bern mitteilte, zieht er sich mit Jahresende nach dreizehn Amtsjahren aus dem Bundesrat (Regierung) zurück. Ogi gehört der siebenköpfigen Kollegialregierung als einziger Vertreter der rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) an, mit deren Führung er zerstritten ist, und leitet das Verteidigungsressort. Ogis Nachfolger oder Nachfolgerin soll am 6. Dezember vom Bundesparlament gewählt werden.

Er gehe "wie ein Sportler auf dem Höhepunkt seiner Karriere", sagte der Berner Politiker vor den Medien. Ogi war am 9. Dezember 1987 als Nachfolger von Leon Schlumpf in den Bundesrat gewählt worden. Bis 1995 leitete er das Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement, seither führt er das Ressort für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport. 1993 und 2000 übte er turnusmäßig das Präsidentenamt aus.

Volksinitiative bewog Ogi zum Rücktritt

Der Fernsehsender der französischsprachigen Schweiz "Television Suisse Romande" meldete, die Volksinitiative der Sozialdemokraten zur Halbierung der Militärausgaben habe Ogi zu seinem Schritt veranlasst. Über die Initiative soll am 26. November ein Referendum stattfinden.

Zu seiner eigenen Partei, der SVP, war Ogi in jüngster Zeit deutlich auf Distanz gegangen und hat die Parteiführung aufgefordert, dass sie sich klar gegen Rechtsextreme abgrenzt. Er richtete diesbezüglich vor drei Wochen ein viel beachtetes Schreiben an den SVP-Parteipräsidenten Ueli Maurer.

Die SVP war aus den Nationalratswahlen vom Herbst vorigen Jahres – nach einem aggressiven Wahlkampf mit dem Zürcher Unternehmer Christoph Blocher als Zugpferd – mit 22,5 Prozent knapp als stimmenstärkste Kraft vor den Sozialdemokraten hervorgegangen. Dennoch stellt sie – in der Person Ogis – nur ein Mitglied des siebenköpfigen Bundesrats.

Die seit dem Jahr 1959 geltende so genannte "Zauberformel" (2:2:2:1) blieb bestehen, nach der Sozialdemokraten (SP), Freisinnige (FDP) und Christdemokraten (CVP) je zwei Minister stellen, die SVP einen.

Präsidentin der Sozialdemokraten von Ogis Entscheidung enttäuscht

Die Präsidentin der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz (SP), Christiane Brunner, hat sich über den Rücktritt von Adolf Ogi unmittelbar vor zwei wichtigen Abstimmungen zur Armee enttäuscht geäussert. "Diese Haltung scheint ihm nicht ähnlich", sagte Brunner.

Ansonsten stellte Brunner Ogi ein gutes Zeugnis aus, denn, so die Parteichefin, er habe immer für eine offene und soziale Schweiz gearbeitet. Ogi habe auch seine Ansichten im Bundesrat durchsetzen können. "Weniger gut ist das Zeugnis aber dort, wo er es nicht schaffte, seine Partei auf die gleiche Linie zu bringen". Der Diskussion über die Zauberformel könne man nicht entrinnen, sagte Brunner.

SVP-Vorsitzender Maurer streut Ogi Rosen

Bundesrat (Minister) Adolf Ogi wird der Landesregierung fehlen, glaubt der Vorsitzende seiner Schweizerischen Volkspartei (SVP), Ueli Maurer. "Ogi war ein hervorragender Beamter, jemand, den das Volk 'anfassen' konnte, und er hat leidenschaftlich politisiert", sagte Maurer am Montag gegenüber der Nachrichtenagentur sda. Ogi habe es verstanden, in seinem Umfeld Menschen zu begeistern und mitzureissen. "In diesem Sinne wird er dem Bundesrat (Regierung) fehlen."

CVP-Präsident bedauert Rücktrittsentscheidung

Der Vorsitzender der Christlichdemokratischen Volkspartei, Adalbert Durrer bedauerte den Rücktritt Ogis. Den Anspruch der SVP auf die Ogi-Nachfolge im Bundesrat stellte er nicht in Frage. Der Abtretende sei ein "bodenständiger Bergbewohner", offen und ehrlich, und gerade deshalb beim Volk beliebt, hob Durrer die menschlichen Vorzüge hervor. Aber auch politisch habe Ogi überzeugt. Mit Spannung erwartet Durrer den SVP-Nachfolger Ogis. Die Wahl dürfte der SVP nicht leicht fallen, meint der CVP-Präsident.

Die Freisinnig-Demokratische Partei (FDP) hält nach den Worten ihres Vorsitzenden Franz Steinegger ein Ausscheiden der SVP aus der Regierung auch nach dem Rücktritt Ogis für "wenig wahrscheinlich". Die Entscheidung Ogis sei nach einer 13-jährigen Amtszeit als Minister zu respektieren. (APA/sda)