Wien - Im Rahmen der Entschädigung von "Arisierungs"-Opfern wird es Vorauszahlungen in Höhe von 150 Millionen Dollar (2,42 Mrd. S) an die noch lebenden rund 21.000 Opfer von NS-Arisierungen geben. Das erklärte der Präsident der Kultusgemeinde Wien, Ariel Muzicant, Donnerstag bei einem Pressefrühstück. Damit sei die Deckelung aller künftigen Entschädigungszahlungen mit diesem Betrag vom Tisch und auch nur unter dieser Bedingung hätten die jüdischen Organisationen der Unterzeichnung der Zwangsarbeiterverträge zugestimmt. Mit den intensiven Verhandlungen zum Restitutionskomplex wird kommenden Dienstag nach Unterzeichnung der Verträge zur Zwangsarbeiterlösung begonnen. Im Büro von Ernst Sucharipa, Sonderbotschafter für Restitutionsfragen, wurde dieser Fall der Deckelung bestätigt. Die Vorauszahlungen würden aus folgenden Titeln geleistet: "apartment and small business leases" (Mietwohnungen, angemietete kleine Geschäftslokale), "household property" (Hausrat) und "personal valuables and effects" (persönliche Wertgegenstände). Muzicant geht nun von einem Betrag von 7.500 Dollar (121.058 S) pro Überlebendem aus. Diese Summe sei zwar nicht vereinbart, hieß es im Büro Sucharipas, aber ergebe sich, wenn man die 150 Mill. Dollar durch die 21.000 Überlebenden dividiere. Muzikant fordert Einbeziehung von Erben Während im Rahmen der Zwangsarbeiterlösung per Stichtagsregelung nur noch lebende NS-Zwangsarbeiter entschädigt werden, fordert Ariel Muzicant, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, bei der Entschädigung von "Arisierungs"-Opfern auch die Einbeziehung von Ansprüchen von Erben. Dabei gehe es um die Erben von 115.000 in der Zwischenzeit bereits verstorbenen und 65.000 umgebrachten Holocaust-Opfern. Muzicants Argumentation: Während es in der Zwangsarbeiterfrage um Entschädigungen für erlittenes Leid gegangen sei, gehe es nun um die um die Rückgabe enteigneten Vermögens. Muzicant sieht hier auch eine Zustimmung durch die Verhandler auf Regierungsseite. Er stützt sich dabei auf das von Sonderbotschafter Ernst Sucharipa vorgelegte "Framework Concerning Austrian Negotiations Regarding Austrian Nazi Era Property/Aryanization Issues". Die Einigung auf die in diesem Papier enthaltenen Eckpunkte zur Restitutionsthematik war Voraussetzung für eine Zustimmung der Opferorganisationen und -anwälte zur Zwangsarbeiterlösung. In diesem Papier heißt es "A specific negotiated amount within the overall capped amount for the Fund will be used to address the potential issues of heirs" (also: ein bestimmter ausverhandelter Betrag innerhalb der Gesamtsumme des Fonds wird zur Abgeltung der möglichen Ansprüche von Erben verwendet). Im Büro Sucharipas wird darauf verwiesen, dass eben die Formulierung "möglicher Ansprüche" gewählt worden sei. Ob auch Erben tatsächlich entschädigt würden, sei Sache der Verhandlungen. Hier wolle man nichts präjudizieren. In der Wirtschaftskammer (WKÖ) wurden zwei Experten bestellt, die ab sofort für das Thema Restitutionen zuständig sind. Es sind dies WK-Vizepräsident, Chef des Freien Wirtschaftsverbandes und Ex-Bank Austria-Chef Rene Alfons Haiden sowie der Syndikus der Sektion Kredit in der WK, Herbert Pichler. Das erklärte Christoph Kainz - er betreut in der WK den Bereich Zwangsarbeiterentschädigung. Haiden erklärte jedoch, dass er nicht zur Verfügung stehe. (APA)