Wien - Ariel Muzicant, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, erklärte am Donnerstag in der Pressekonferenz, "es besteht kein Zweifel daran, dass die Zweite Republik bewusst, absichtlich und konsequent die jüdischen Österreicher benachteiligt und geschädigt hat". Die Entschädigung von "Arisierungs"-Opfern sei daher vorrangig eine Sache des Staates und nicht der Wirtschaft oder Industrie. Nach Vorstellung der Regierung sollten sich auch in diesem Bereich - wie bei der Zwangsarbeiterentschädigung - Unternehmen finanziell beteiligen. Das lehnt Muzicant allerdings ab und schlägt ein Finanzierungsmodell vor, das sich auf die Privatisierungserlöse stützt. Folgendermaßen soll das Modell funktionieren: ein gewisser Prozensatz der Privatisierungserlöse - Zahl wollte Muzicant keinen nennen - sollte in den Fonds zur Entschädigung von "Arisierungs"-Opfern fließen. Damit wäre man einerseits weg von der scheibchenweisen Auftreibung von Geldern, und damit von einer jahrelangen öffentlichen Diskussion, da alle drei Monate neue Beträge aufgebracht werden müssten. Andererseits argumentiert Muzicant, dass die Mittel dann nicht budgetwirksam, sondern von jenen Stellen aufgebracht würden, die auch von den Arisierungen profitiert hätten. Seine Argumentationslinie: Die von Österreich an Deutschland abgeführte "Judenvermögensabgabe" (JUVA) und "Reichsfluchtsteuer" sei von Deutschland wiederum in der Errichtung von Betrieben (Stichwort: Göring-Werke) oder Infrastruktur (etwa Autobahnen) investiert worden. Vertraglich sei dann festgehalten worden, dass Österreich für diese Investitionen keine Ausgleichszahlungen an Deutschland zu leisten, aber für Entschädigungen aufzukommen habe. Vorschlag der Regierung bereits übermittelt Er habe diesen Vorschlag, also einen kleinen Teil der Privatisierungserlöse für den neu einzurichtenden Fonds zu nützen, der Regierung bereits präsentiert, so Muzicant. Bisher habe er aber nicht das Gefühl, dass das Konzept aufgegriffen werde. Das hält Muzicant allerdings für einen "falschen Zugang". Ebenfalls als problematisch stuft der Präsident der Kultusgemeinde Wien die mit den USA geschlossenen Verträge zur Zusicherung der Rechtssicherheit für heimische Unternehmen nach Einrichtung des Versöhnungsfonds zur Entschädigung von Zwangsarbeitern ein, die am Dienstag in Wien unterzeichnet werden. Es sei immer noch Sache der Richter, sich daran zu halten oder nicht. Und es schütze auch nicht vor neuen Klagen. Diese könnten nicht nur in den USA, sondern beispielsweise auch in London oder in Budapest eingebracht werden. Verbrechen gegen die Menschlichkeit würden nämlich nicht verjähren und damit auch nicht der Holocaust. Als einzige Lösung für dieses Problem sieht Muzicant das Abschließen einer "international arbitration", also eines internationalen Schiedsvergleichs. Dabei würde eine prozentuelle Unter- und Obergrenze festgelegt und nach der Fixierung der Entschädigungskategorien von unabhängigen Sachverständigen ein Prozentsatz im Rahmen der vorgegebenen Bandbreite gewählt. Hinsichtlich solcher Schiedsvergleiche gebe es eine UN-Konvention. Damit wäre dann sicher gestellt, dass es zu keinen weiteren Klagen komme. (APA)