Marburg - Hochbegabte Kinder sind keine Problemfälle - nach dem Ergebnis einer Studie sind sie vielmehr erfolgreich und beliebt. Kinder mit einem Intelligenzquotienten von über 130 seien weder sozial isoliert, noch charakterlich seltsam, heißt es in der europaweit ersten Langzeituntersuchung hochbegabter Kinder, die im Oktober veröffentlicht wurde. Vor allem sind sie alles andere als schlechte Schüler, wie der Leiter der Studie, der Marburger Entwicklungspsychologe Prof. Detlef Rost, betonte. "Das Bild, das in der Öffentlichkeit vorherrscht, ist völlig falsch." Großmaßstäbliche Analyse Das von der Universität Marburg initiierte Projekt begleitet seit 13 Jahren eine Gruppe Hochbegabter. 1987 testeten die Wissenschafter 7.000 Drittklässler auf ihre Intelligenz. 151 hatten einen IQ von mehr als 130. Sie befragten zudem Lehrer, Eltern und Freunde der Kinder. Bei der ersten Untersuchung waren die Kinder neun Jahre alt, bei der zweiten 15. Als Kontrolle interviewten die Forscher durchschnittlich Begabte. Die Ergebnisse entsprachen überhaupt nicht dem Bild, das Selbsthilfegruppen und Medien von Hochbegabten zeichnen. Die Kinder interessierten sich laut Rost für die gleichen Dinge wie ihre Altersgenossen: Sport, Musik und Ausgehen. Wenn es Unterschiede gebe, fielen sie zu Gunsten der Hochbegabten aus. Sogar bevorzugt? "In der Grundschule werden diese Kinder beispielsweise häufiger zu Geburtstagen eingeladen. Als Halbwüchsige haben sie tendenziell etwas weniger Freunde, was aber nicht daran liegt, dass sie nicht beliebt sind: Die Hochbegabten sind anspruchsvoller bei der Wahl ihrer Kontakte." Die Kinder seien weniger unterwürfig, emotional reifer, verständiger. Zudem sind sie laut Rost weniger materiell orientiert und haben eher den Anspruch etwas zu studieren, das sie interessiert, als etwas, womit sie viel Geld verdienen können. Nun möchten die Forscher die Probanden im Studium interviewen. In Selbsthilfegruppen seien Problemfälle "dramatisch überrepräsentiert": "Es schließen sich nur Eltern zusammen, die Schwierigkeiten mit ihrem Kind haben. Eine 'Selbsthilfegruppe für das erfolgreiche glückliche Kind' hätte ja auch keinen Sinn." (APA/dpa)