Der illegale Handel von Musikstücken über das Internet hat der internationalen Musikindustrie bereits Schäden in Milliarden-Höhe bereitet. Möglich wurde der rege Online-Tauschhandel durch das Datenformat MP3 - eine deutsche Erfindung, für die am Donnerstagabend drei Wissenschaftler des Fraunhofer Instituts mit dem Deutschen Zukunftspreis ausgezeichnet wurden. Das kleine Kürzel MP3 hat von Erlangen aus die Musikwelt revolutioniert. Mit der innovativen Technik können Musikdateien so stark komprimiert werden, dass sie sich in Hifi-Qualität über das Internet verschicken lassen. Abgesehen vom Preisgeld sind die Erfinder Karlheinz Brandenburg, Bernhard Grill und Harald Popp sowie das Fraunhofer Institut allerdings trotz des großen Erfolgs von MP3 bislang leer ausgegangen. Profitiert hatten vor allem Musikpiraten, die das Kompressionsverfahren für den illegalen Handel nutzen und damit der Industrie technisch weit voraus waren. Der Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft in Hamburg schätzt die Einbußen durch illegal vertriebene Musikstücke auf umgerechnet 3,3 Millionen Schilling allein im Jahr 1999. Doch nun wollen auch die großen Musik-Konzerne selbst das Kompressionsverfahren für den legalen Handel im weltweiten Datennetz nutzen. "Wir machen es den Leuten wirklich schwer, legal an Musik im Netz zu kommen", sagte Andreas Schmidt von der Bertelsmann e-commerce Group. Untersuchungen hätten belegt, dass zum Beispiel 76 Prozent der Nutzer der umstrittenen Internet-Tauschbörse Napster für Musikstücke zahlen würden, wenn sie legal und in guter Qualität angeboten werden würde. "Der Austausch digitaler Musikstücke ist nicht aufzuhalten", sagte Schmidt. Die Industrie müsse jetzt mit eigenen attraktiven Angeboten an die Kunden herantreten, um Anbietern wie Napster Gnutella und Co. den Rang abzulaufen. Mittlerweile haben alle großen internationalen Musikkonzerne das Internet als Handelsplattform im Visier und bieten häufig selbst Musik im MP3-Format an. Die Unternehmen reagieren damit auf die Kritik, dass sie die neuesten Entwicklungen auf dem digitalen Musik- Markt verschlafen hätten. Im Streit mit Online-Anbietern, die zum Teil in dem Ruf standen, illegale Geschäfte zu machen und gegen Urheberrechte zu verstoßen, sind unterdessen Einigungsmöglichkeiten in Sicht. Zuletzt hatte sich der amerikanische Musikverleger-Verband National Music Publishers Association (NMPA) mit dem Anbieter MP3.com im kalifornischen San Diego auf einen Vergleich geeinigt. Danach will der Online-Musikhändler, dem Copyright-Verstöße vorgeworfen werden, mit der Gesellschaft einen Lizenzvertrag für über eine Million Musikstücke schließen. MP3.com verpflichtet sich dabei zudem auf eine Zahlung von über 30 Millionen US-Dollar und deckt damit zugleich die Lizenzen für die bisherige Nutzung der Musikstücke ab. Die Bertelsmann-Tochter BMG Entertainment lotet derzeit unter der Internet-Adresse www.musicdownload24.de, den kommerziellen Nutzwert des Kompressionsverfahrens MP3 aus. Die Frage ist, inwieweit die Kunden nach dem "Wildwuchs" der Online-Angebote bereit sind, für legal angebotene Musik zu zahlen. BMG bietet rund 300 Titel für 50 Pfennig bis zu fünf Mark entweder zum einmaligen Hören oder zum Erwerb inklusive zusätzlichem Service wie Lied-Texte, Fotos oder Biografien an. In der vergangenen Woche hatte die Warner Music Group den Start eines Download-Dienstes für digitale Musik angekündigt. Das Unternehmen will noch in diesem Jahr digitale Kopien aktueller Stücke im Internet vertreiben. (APA/dpa)