München - Britische Politiker und Beamte haben einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" zufolge über Jahre hinweg Druck auf BSE- Forscher ausgeübt und Ergebnisse zensuriert. Die frühere Regierung in London habe so versucht, die Öffentlichkeit zu täuschen und das Risiko, an Rinderwahnsinn zu erkranken, herunterzuspielen. Dies gehe aus einer Studie der Münchner Wissenschafterin Kerstin Dressel hervor, die hierfür 50 britische und deutsche Experten befragte. Die Untersuchung umfasst den Zeitraum von der Entdeckung der Rinderseuche Mitte der achtziger Jahre bis zum Jahr 1996. In Großbritannien soll die Arbeit am Donnerstag vorgestellt werden. Am selben Tag wird eine vom britischen Premierminister Tony Blair eingesetzte Kommission ihren Bericht zum BSE-Skandal veröffentlichen. Augenauswischerei In dem ersten wissenschaftlichen BSE-Beratergremium unter der Regierung von Margaret Thatcher waren der deutschen Studie zufolge keine Fachleute. "Oft haben die Forschergremien der Regierung nur dazu gedient, (...) politischen Entscheidungen einen wissenschaftlichen Anstrich zu geben", sagte Dressel der Zeitung. Viele Berichte seien mit monatelanger Verspätung veröffentlicht und auch dann noch von der Regierung zitiert worden, wenn sie längst überholt waren. Anfragen ausländischer Wissenschafter nach Proben- Material wurden der Studie zufolge meist abgewiesen. Dressel: "Forscher waren nicht frei, anderen Forschern zu berichten, bevor nicht alles erschöpfend von Beamten jeder Art inspiziert worden war." Systemische Faktoren All diese Vorgänge seien aber nicht nur mit einer bewussten Täuschung durch die Thatcher-Regierung zu erklären. Auch das System in Großbritannien, etwa der starke Einfluss hoher Beamter, habe den offenen Umgang mit BSE verhindert. An der politischen Kultur im Umgang mit der Seuche hat sich - trotz Blairs Versprechen - nach Ansicht der Soziologin wenig verändert. Deshalb sei es auch ein Fehler gewesen, das Embargo für britisches Rindfleisch aufzuheben. (APA/dpa)