Wien - "Sie als Frau: Verstehen Sie überhaupt, wovon ich spreche?", fragte ein Informatikprofessor an der TU Wien seine Studentin. Er erntete nur ein müdes Lächeln - die Studentin verstand sehr wohl. Nicht umsonst ist ihr Vater, Helmut Schauer, selbst Informatiker, der seit zwölf Jahren an der Universität Zürich lehrt und forscht. Zuvor war auch er Professor in Wien, kam dort aber nicht recht vom Fleck: "Immer, wenn ich ein Forschungsprojekt anmelden wollte", berichtet er dem STANDARD, "hieß es: kein Geld. Hatte ich dann das Geld aufgetrieben, hieß es: kein Raum. Hatte ich ein Kammerl gefunden, hieß es: keine Geräte. Also nahm ich die Berufung nach Zürich an." Um dort, perplex vor Staunen, als Erstes gefragt zu werden: "Na, und was wollen Sie denn jetzt forschen? Und was brauchen Sie dazu?" Seither forscht und entwickelt Schauer, der auch Vorsitzender der Schweizer Informatiker Gesellschaft ist, nach Herzenslust, gemeinsam mit einem zwölfköpfigen Team. Das überraschenderweise aus zehn Assistentinnen und nur zwei Assistenten besteht. Darunter zwei Psychologinnen (beispielsweise für Distance Coaching und Web-Fragebögen), eine Marketingspezialistin (unter anderem für Firmenkulturen bei Mergern), eine Linguistin und eine Mathematikerin. Wie das? Noch dazu in einer traditionell männlich dominierten Disziplin? "Alle AssistentInnen haben natürlich Informatik-Grundkenntnisse", erklärt Schauer. "Darüber hinaus aber halte ich die Frauen einfach für vernünftiger als die Männer. Besonders begabt sind sie für die Erarbeitung von Informatiklösungen: Sie gehen die Probleme ganzheitlicher an, schließen ihre Umgebung ein, sind teamfähiger und vor allem zweckorientierter. Außerdem haben Frauen einen Grundgedanken: Sie gehen nicht von einer Beziehung PC-Mensch aus, sondern betrachten den PC als Durchgangsinstrument von Mensch zu Mensch." Frauenförderung Umso mehr bedauert der Professor, dass sich nur so wenige Frauen für ein Informatikstudium entscheiden. In der EU sind es rund zehn Prozent, in Osteuropa etwa 15, obwohl es vor der Wende 50 Prozent waren. Um hier gegenzusteuern, probierte er ein von einer Studie empfohlenes Fördermodell aus: Er führte auf Freiwilligenbasis Tutoriate für erstsemestrige Frauen ein. "Leider hat es nicht funktioniert", bilanziert Schauer, "die reinen Frauengruppen haben nicht Schritt gehalten, wahrscheinlich weil sich nur die weniger Selbstbewussten dafür gemeldet hatten. Am liebsten hätte ich mit ihnen einen Bluffer-Kurs gemacht, denn die Burschen scheinen oft nur deshalb die Besseren zu sein, weil sie bluffen." Bluffen ist nicht alles Schauer schwärmt von seinem Team: "Unter anderem haben zwei Frauen und ein Mann ein wunderbares Tool für Studienanfänger entwickelt", um das Informatikinstitut zu entlasten. "Das Tool ist grundvernünftig", sagt Schauer, "es macht genau das, was man braucht, nicht mehr und nicht weniger." Es erlaubt den TutorInnen unter anderem Kontakte mit den Studierenden, ermöglicht Chats für die Gruppenbildung und fördert das Teamwork. Dafür wurden die drei Entwickler in Innsbruck mit dem Medida-Preis (Mediendidaktik) ausgezeichnet, der ihnen eine halbe Million Schilling einbrachte. Das Zürcher Uni-Paradies für Frauen ist aber auch in der Schweiz nur eine Enklave. "Vergessen Sie nicht", erinnert Schauer, "hier durften Frauen bis vor kurzem noch nicht überall wählen." Auch an der Universität sieht sich der Professor in seinen Bestrebungen nicht gerade gefördert: "Immerhin - man behindert mich nicht." (Heide Korn)(D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 24.10. 2000)