Indianapolis/Denver - Das im Magen produzierte Hormon Ghrelin regelt offenbar die Fettverbrennung im Organismus und nimmt damit Einfluss auf die Gewichtszunahme, berichtet Nature. Außerdem scheint das Hormon dem Gehirn zu signalisieren, wann es Zeit zum Essen ist. In Experimenten mit Mäusen demonstrierten Forscher des US-Pharmaunternehmens Eli Lilly, dass Versuchstiere, denen das Hormon über mehrere Tage injiziert wurde, hungriger waren und mehr Futter aufnahmen. Diese Mäuse verbrannten weniger Fett und legten an Gewicht zu. Tiere, die zum Fasten gezwungen wurden, hatten einen höheren Ghrelin-Spiegel im Blut, während gut gefütterte Mäuse unterdurchschnittliche Hormonwerte aufwiesen. "Das legt den Schluss nahe, dass Ghrelin zu einem effizienteren Stoffwechsel während Hungerphasen führt", schreiben die Forscher. Allerdings seien weitere Untersuchungen erforderlich, um den Prozess der Hormonsekretion genauer zu untersuchen. Sollten sich die Ergebnisse auf den Menschen übertragen lassen, könnte damit ein Rezept gefunden werden, mit dem Übergewichtige auf Diät ihre Hungerkrisen leichter meistern können. Solche Erkenntnisse über die Details des Stoffwechsels gewinnen auch deshalb an Bedeutung, weil "Adipositas ein Gesundheitsproblem ersten Ranges ist", wie ein US-Ernährungswissenschafter vergangene Woche auf einem Kongress der "American Dietetic Association" ausführte. Die US-Regierung schätzt die Zahl der schwer fettleibigen Menschen auf etwa 18 Prozent, die Zahl der Übergewichtigen auf 55 Prozent. Besonders alarmierend sei der Trend: Statistiken zeigen, dass Adipositas von 1998 auf 1999 um sechs Prozent anstieg. Abgesehen von einem erhöhten Risiko für Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen bereitet die abnehmende Beweglichkeit der Übergewichtigen Sorgen, die im Alter zu ernsten Gelenksproblemen führen kann. Fragwürdige Diäten Aus welchen Nahrungsmitteln sich ein Programm zur Gewichtsreduktion zusammensetzt, hat laut einer aktuellen Studie der US-Agrarbehörde wenig Einfluss auf den Erfolg einer Diät. Der Vergleich einer extremen Eiweißdiät (Atkins-Diät), einer extremen Fettreduktionsdiät (Ornish-Diät) und der moderaten Kalorienreduktion durch regulierten Fettkonsum à la Weight-Watchers zeigte keinen wesentlichen Unterschied im Diäterfolg. Unabhängig von den zweifelhaften Erfolgsaussichten warnen Ernährungswissenschafter allerdings aus gesundheitlichen Erwägungen vor extremen und einseitigen Diäten. Eine Erfolgsgarantie wollen die Wissenschafter ohnehin nur bei einer Kalorienreduktion bei gleichzeitigem Fitnessprogramm abgeben. Der Schlüssel für den Erfolg einer Diät sei vor allem die emotionale Unterstützung während und nach dem Abnehmen, berichtete CNN Health. "Übermäßiges Essen hat mehr mit dem Stillen von emotionalen Bedürfnissen zu tun als mit Hunger", wird die kalifornische Ernährungswissenschafterin Laurel Melli zitiert. Gute Erfolge, vor allem langfristig, sollen psychologisch betreute Diät-Programme gebracht haben, die auf wöchentlichen Treffen der Abnehmenden mit Psychologen und Ernährungsexperten beruhen und bei denen sich die Mitglieder der Gruppen in Krisen gegenseitig unterstützen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25./26.10.2000, hu/rbe)