Wien - Für den Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, Ariel Muzicant, ist es zwar "unglaublich toll", dass über die Restitutionen nun verhandelt wird. Er will aber "weg von der Schilling-, Groschen- oder Dollarfeilscherei". Er verlangt von der österreichischen Regierung aber eine andere, eine offensivere und großzügigere Einstellung. Dass die "Deadline" einer Einigung bis Jahresende erfüllt werden kann, hält Muzicant dennoch für möglich. "Die Frage ist nur, was dabei herauskommt." Nachdem die Regierung bereits 150 Mill. Dollar (179 Mill. Euro/2,46 Mrd. S) zugesichert hat, ist für Muzicant die primäre Frage jetzt nicht das Geld, sondern die Aufarbeitung der Vergangenheit. Wenn die Bevölkerung nicht überzeugt werden könne, dass auch nach dem Zweiten Weltkrieg Unrecht geschehen sei, sei die Höhe der Entschädigung "völlig irrelevant". Notwendig sei ein "nationaler Dialog" zwischen Opfern, Regierung und Bevölkerung. Konkret kritisierte Muzicant, dass die Regierung sage, es sei ohnehin schon so viel geschehen; es müsse bewiesen werden, wo keine Entschädigung geleistet worden sei. "Dann platzt mir der Kragen." Der Präsident der Kultusgemeinde befürchtet, dass nach einer Vereinbarung ohne die von ihm geforderte breite Bewusstseinsbildung erst recht wieder Unzufriedene auftreten. Er gab auch zu bedenken, dass bei jeder Festlegung auf Summen nie wirklich gesagt werden könne, was gerecht oder zu wenig sei. Er verwies auch darauf, dass die Opfer ohnehin kompromissbereit seien "und laut und deutlich sagen, die 100 Mrd., die man uns geraubt hat, sehen wir ohnehin nicht wieder". Gerade deshalb müsse aber "offensiv" verhandelt werden. (APA)