Wien - Die Freude über einen starken Verfall der Strompreise im Zuge der Liberalisierung der europäischen Strommärkte währte nicht lange. Nur eineinhalb Jahre nach dem Start der Strommarktöffnung für Großabnehmer in Österreich fand der Abwärtstrend der Preise im europäischen Stromgroßhandel ein jähes und für Energieversorger und Industriebetriebe überraschendes Ende. Strombezüge für Spitzenverbrauchszeiten werktags sind heuer um bis zu 100 Prozent teurer geworden, für Bandlieferungen (täglich rund um die Uhr) um 25 bis 50 Prozent. Der Aufwärtstrend der Strompreise ist bei ganzjährigen Bandlieferungen besonders deutlich. "Der Preis für eine Stromlieferung für das gesamte Jahr 2001 ist zum jetzigen Zeitpunkt um gut 50 Prozent höher als beim Kauf im Mai", erläutert Erwin Mair, Stromhändler der Energie AG Oberösterreich, die jüngste Entwicklung im Gespräch mit der APA. Spitzenenergie habe im Großhandel über die Sommermonate Preise bis zu 100 Euro je Megawattstunde, doppelt so viel wie wenige Monate zuvor, erreicht. Gestiegene Brennstoffkosten Als Auslöser für den dramatischen Strompreisanstieg im vergangenen halben Jahr ortet Mair zum einen die gestiegenen Brennstoffkosten für die Kraftwerke. Teures Öl und im Gefolge auch höhere Gaspreise hätten auf die europäischen Strompreise im Stromhandel rasch durchgeschlagen. Zum anderen dürfte aber auch erstmals in der Geschichte der europäischen Strommärkte Spekulation die Strompreise in die Höhe getrieben haben, vermutet Mair. Der Strommarkt sei mit der Liberalisierung offenbar auch für Spekulanten interessant geworden. Stromhändler in Europa sind laut Mair zur Ansicht gelangt, dass der jüngste Strompreisanstieg nicht nur auf höhere Kosten zurückgeführt werden könne. Angenommen wird, dass große amerikanische Stromhändler im Frühjahr 2000 Strom in Europa spekulativ aufgekauft hätten. Vielleicht wollten sie damit auch testen, ab welcher Stromeinkaufsmenge der Preis reagiere, meint Mair. (APA)