Wien - "Es stimmt. Die Beraterfirma A.T. Kearny hat ein Einsparungspotenzial von 1330 Personen quantifiziert." Reinhold Mitterlehner, stellvertretender Generalsekretär der Wirtschaftskammer, bestätigt im Gespräch mit dem S TANDARD die intern kursierenden Gerüchte. Das wäre ein Viertel des gesamten Kammerpersonals, 850 in den Ländern und 450 in Wien. So ein massiver Abbau wäre nach Ansicht der internationalen Beraterfirma eine Variante, um das Sparziel zu erreichen. Ältere zuerst "Das ist eine rein technische Zahl, die mit dem Rechenschieber zustande gekommmen ist", beeilt sich Mitterlehner zu relativieren. So gut wie sicher sei, dass sich die Kammer im nächsten Jahr von Mitarbeitern trennen werde, aber "mit Sicherheit nicht in dieser Größenordnung". Es werde keine Kündigungswelle geben, versichert Mitterlehner. Es würden vor allem ältere Mitarbeiter abgebaut, wenngleich die Kammer die Bemühungen der Regierung nicht unterlaufen wolle, die Frühpensionierungswelle einzudämmen. "Die Kammer hat hier eine bestimmte Vorbildfunktion", ist sich Mitterlehner bewusst. "Zwischen mir und Präsident Leitl ist abgemacht, dass ein Personalabbau primär über die Altersstruktur bewerkstelligt wird", sagt Zentralbetriebsratsobmann Werner Hackl. Tatsächlich kommt der große Anteil Älterer diesen Reformplänen entgegen. "Das ist aber kein Freibrief, jeden Mann über 61 oder jede Frau über 56 in Frühpension zu schicken." Das soziale Umfeld und die finanzielle Situation der Menschen müssten berücksichtigt werden. Hackl erinnert an die Reformen der letzten zehn Jahre, die Verdienstobergrenzen, ein Aussetzen der Biennalsprünge und das Ende der Pragmatisierung gebracht haben: "In Wien sind nur mehr 60 von 1100 Mitarbeitern pragmatisiert." Die Zeit drängt: Bis 10. November sollen in zwei internen Arbeitsgruppen die Eckpunkte der Reform erarbeitet werden und das Ergebnis am 30. November beim nächsten Kammertag von den Funktionären abgesegnet werden. Bis ersten Jänner 2002 muss die Kammer mit Einnahmen von 5,1 Milliarden Schilling auskommen, um zwei Milliarden weniger als bisher. Außer beim Personal könnte auch noch bei den Wirtschaftsförderungen und im Drittmittelbereich eingespart werden, meint Mitterlehner, der als VP-Nationalratsabgeordneter eigentlich für die politische Arbeit und nicht für die Kammerreform zuständig ist. Gescheitert ist indes Christoph Leitls forsch angekündigtes Projekt, die Handesdelegationen im Ausland auszugliedern und zu echten Profitcentern zu machen, die Gebühren verrechnen können. "Das wurde aus rechtlichen und steuerlichen Gründen ad acta gelegt", bekräftigt Mitterlehner. Die Handelsdelegationen hätten ihren diplomatischen Status samt allen damit verbundenen Vorteilen verloren, was 100 Millionen Schilling im Jahr gekostet hätte. Diplomaten dürfen gemäß Diplomatengesetz gar keine Gebühren verrechnen. Das Leitl-Projekt reduziert sich nun darauf, die Kostenstruktur transparenter zu machen. (Lydia Ninz, D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 27 . 10. 2000)