London/Paris - Neue Todesfälle durch die menschliche Form des Rinderwahnsinns haben Großbritannien am Wochenende alarmiert. Am Samstag erlag ein 14-jähriges Mädchen der neuen Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (nv-CJD). Die Schülerin ist das bisher jüngste Opfer. In der vergangenen Woche hatte das britische Fernsehen noch schockierende Aufnahmen von dem reglos im Bett liegenden Mädchen gezeigt. Außerdem starb erstmals ein älterer Brite an nv-CJD. Der Tod des 74-Jährigen hat Wissenschafter beunruhigt, denn bisher hatte die Krankheit niemanden getroffen, der älter als 55 war. Mehrere Experten warnten am Wochenende, möglicherweise gebe es unter älteren Menschen viel mehr nv-CJD-Opfer. Es sei denkbar, dass die tödliche Hirnkrankheit von Ärzten oft mit Altersdemenz verwechselt werde. BSE in Frankreich In Frankreich wurde die Öffentlichkeit eine Woche nach der Entdeckung von möglicherweise BSE-verseuchtem Faschiertem von einem neuen Lebensmittelskandal aufgeschreckt. Zwei Tonnen Bratwürste wurden wegen Bakterienbefalls am Samstag aus den Kühlregalen von Supermärkten genommen. Die Herstellerfirma aus Castelnaudary westlich von Paris hatte Listerien in den Würsten festgestellt, das sind Bakterien, die besonders schwangeren Frauen gefährlich werden können. An nv-CJD sind in Großbritannien bisher 82 Menschen gestorben. Wie die "Sunday Times" berichtete, haben Berater der britischen Regierung errechnet, dass vom September nächsten Jahres an ein Mensch pro Woche und von 2003 an ein Mensch pro Tag an nv-CJD sterben werden. Abschwächung der Sicherheitsmaßnahmen Nach Informationen des "Independent on Sunday" hat Großbritannien die Sicherheitsmaßnahmen gegen BSE vor kurzem stillschweigend wieder abgeschwächt. So könnten jetzt auch Fleischabfälle wieder zu Nahrungsmitteln verarbeitet werden. Der "Observer" berichtete, bei der Verbrennung von Kadavern infizierter Rinder werde der BSE-Erreger nicht vernichtet. Die Asche mit den Erregern könne aus Verbrennungsanlagen und von Lagerplätzen für die Kadaver in die Umwelt entweichen. Der "Sunday Telegraph" und die "Mail on Sunday" meldeten unter Berufung auf den am Donnerstag veröffentlichten Untersuchungsbericht zur BSE-Krise, die Krankheit könne auch über Anti-Falten-Cremes auf den Menschen übertragen werden. Der Untersuchungsbericht hatte den früheren konservativen Regierungen von Margaret Thatcher und John Major vorgeworfen, die BSE-Gefahr jahrelang heruntergespielt und die Bevölkerung irregeleitet zu haben. Die Konservative Partei entschuldigte sich daraufhin erstmals für die Versäumnisse und Fehleinschätzungen ihrer Minister. Der frühere Präsident des detuschen Bundesgesundheitsamtes, Dieter Großklaus, warf der EU im Magazin "Focus" vor, den Informationen aus Großbritannien zu lange unkritisch vertraut zu haben. (APA/dpa)