Washington - Nach achtmonatiger Dauer ist die Beweisführung im Kartellprozeß gegen den US-Softwareriesen Microsoft am Donnerstag (Ortszeit) zu Ende gegangen. Die Schlußplädoyers sollen am 21. September beginnen, aber ein Urteil ist wegen komplizierter juristischer Regeln frühestens im November zu erwarten, wie Experten schätzen. Es gilt auch als möglich, daß die Regierungsvertreter als Kläger und Microsoft in der Zwischenzeit versuchen, einen außergerichtlichen Vergleich zu schließen. Prozeßbeobachter haben den Eindruck gewonnen, daß der zuständige Richter Thomas Penfield Jackson eher der Klägerseite folgen könnte. Im Mittelpunkt des Verfahrens steht der Vorwurf des Washingtoner Justizministeriums und von 19 Bundesstaaten, Microsoft habe seine monopolartige Stellung beim Betriebssystem "Windows" zur Unterdrückung der Entwicklung von Konkurrenten mißbraucht. Das Unternehmen des Multimilliardärs Bill Gates hat dies unter anderem mit dem Argument zurückgewiesen, die dynamische Entwicklung der Computer- und Internetindustrie lasse die Entwicklung eines anhaltenden Monopols gar nicht zu. Als Beispiel dafür wurde der Kauf von Netscape Communications durch America Online angeführt. Der leitende Rechtsvertreter der Kläger, David Boies, hatte dazu am Donnerstag jedoch einen Gegenbeweis präsentiert, der von vielen Beobachtern als "verheerend" für Microsoft eingestuft wurde. Boies zitierte aus einem internen Memo, in dem Gates deutlich zu machen scheint, daß er in Wahrheit an keine ernsthafte Konkurrenz durch AOL im Bereich der Betriebssysteme glaubte. AOL habe es nicht "in seinen Genen", Microsoft auf diesem Gebiet zu attackieren, sagte Gates der vorgelegten Notiz zufolge. Boies und der Chef der Kartellabteilung im Justizministerium, Joel Klein, zeigten sich am Donnerstag überaus zufrieden mit der Präsentation der Kläger-Argumente. Sie hätten nachgewiesen, daß Microsoft andere "einschüchterte und ihnen drohte". Es handle sich um ein "sehr, sehr ernstes Wettbewerbsproblem, das eine ernsthafte Lösung verdient". Der Rechtsberater von Microsoft, William Neukom, räumte ein, daß es sich um eine "große Aufführung" der Klägerseite gehandelt habe. Aber die Argumente hätten gezeigt, daß die Vorwürfe nicht auf einer soliden Basis stünden. "In legaler Hinsicht ist alles nur heiße Luft." Beide Seiten müssen nun bis zum 10. August ihre Hauptargumente noch einmal schriftlich für den Richter zusammenfassen. Mehrere Wochen nach den Schlußplädoyers wird Jackson dann eine "Fakten-liste" aus seiner Sicht erstellen, zu denen Kläger und Beklagter wiederum Stellung nehmen. Mündliche Anhörungen im Gerichtssaal folgen, und erst danach ist das endgültige Urteil des Richters zu erwarten. (APA/dpa)