Mailand - Der Finanzplatz Mailand wird modisch gestylt. Italiens berühmtester Schuhhersteller, Diego Della Valle wird ab 6. November 25 Prozent seines Tod's Schuhimperiums an der Börse notieren. Und nun hat auch Miuccia Prada, die Mailänder Modetrendsetterin, den Börsengang angekündigt. Prada, die bis vor kurzem noch überzeugte Anhänger des Familienkapitalismus in reinster Form waren, haben sich zum Going Public bekehrt.

Mailand will sich auf dem internationalen Börsenparkett als Mode-Finanzplatz profilieren. Dies bestätigte auch der Vorstandschef der Borsa Italia, Massimo Capuano. Um den Börsengang der zahlreichen mittelständischen Modeunternehmen zu erleichtern, wird ab Anfang 2001 ein neues Börsensegment "Star" eingeführt. Wie es heißt, sind unter den insgesamt 756 mittelständischen "börsengeeigneten" Firmen 148 Modefirmen.

Luxusschuster

Den Start macht in der kommende Woche Diego Della Valle. Er bringt ab 6. November ein Viertel des Kapitals an die Börse. Die Preisschere lag zwischen 36 und 46 Euro. Zur Wochenmitte wurde nun der Preis mit 40 Euro festgesetzt. Das IPO war nach Unternehmensangaben sechsmal überzeichnet. Wie in Mailänder Finanzkreisen bestätigt wurde, hat der französische Luxusgigant LVMH bereits ein Prozent des Diego-Della-Valle-Schuhimperiums erworben. Das Della-Valle-Luxusschuhimperium umfasst auch die Labels Hogan und Fay. Der dynamische Unternehmer aus der Region Marche denkt nicht im Mindesten daran, im Prê-à-Porter-Bereich zu diversifizieren. Nach dem Motto - "Schuster bleib bei deinem Leisten" - konzentrieren sich noch heute 60 Prozent des Umsatzes von 425 Mrd. Lire, rund drei Mrd. S, auf die Tod's Schuhe und Luxusaccessoires. Die im Ausland weniger renommierten Marken wie Hogan und Fay (vor allem sportliche Unisex-Jacken) bestreiten 25 bzw. 15 Prozent des Umsatzes. Im Jahr 1999 wies Mr. Tod's, wie Diego Della Valle hier benannt wird, einen Nettogewinn von 40 Mrd. Lire, knapp zehn Prozent des Umsatzes aus.

Sinneswandel

Die eigentliche Überraschung bietet aber das Mailänder Modehaus Prada. Nachdem Prada-Ehemann und passionierter Segler (America's Cup), Patrizio Bertelli, bis vor kurzem einen Börsengang kategorisch ausgeschlossen hatte, hat er nun seine Meinung geändert. Dem Vernehmen nach will der Unternehmer bis zum kommenden Frühjahr 30 Prozent des Firmenkapitals an die Börse bringen. Damit sollen die künftigen Akquisitionen finanziert werden.

Innerhalb eines Jahres hat Prada nicht nur die Mehrheit von Jil Sander, sondern auch Helmut Lang, den britischen Schuhhersteller Church und gemeinsam mit LVMH auch die römische Modefirma Fendi übernommen. Erst kürzlich hat sich Prada auch am französisch-tunesischen Stilisten Azzedina Alaïa beteiligt. (Thesy Kness-Bastaroli, DER STANDARD, Printausgabe 3.11.2000)