Alles muss sich ändern, damit sich nichts ändert." Dieser Aphorismus aus dem großartigen Roman "Der Leopard" von Prinz Lampedusa scheint gegenwärtig auf den Kosovo nach dem Sturz von Milosevic anwendbar zu sein. Bedeutet ein demokratisch gewählter Präsident in Belgrad, dass sich für Serbien alles geändert hat, in dessen Beziehungen zum Kosovo aber nichts?

Ob Serbien nun eine Demokratie ist oder nicht, eines steht jedenfalls fest: In den kommenden fünf Jahren hat der Kosovo wenig Hoffnung darauf, zu einem gedeihenden demokratischen Land zu werden. Die Gründe dafür sind einfach. Erstens: Der Kosovo verfügt - nach 50 Jahren Kommunismus, zehn Jahren apartheidartiger Herrschaft der Serben und den verheerenden Auswirkungen des Krieges - über keinerlei demokratische Traditionen. Zweitens: Der langfristige Status des Kosovo ist ungewiss. Obwohl derzeit ein UN-Protektorat, untersteht er formell immer noch der Oberhoheit der gespaltenen Jugoslawischen Föderation von Serbien und Montenegro.

Chancen und Hürden

Ohne einen eigenständigen Staat aber können Wohlstand und Demokratie kaum Wurzeln schlagen. Und die Resolution 1244 des UN-Sicherheitsrates, das oberste hier geltende Recht, verhindert diese Lösung, solange sie nicht von beiden Seiten - Serben und Kosovaren - in Verhandlungen beschlossen wird.

Immerhin schließt die Resolution aber auch nicht aus, dass der Kosovo eine Führung erhält, die de facto wie eine nationale Regierung funktioniert. Und gewisse Voraussetzungen dafür existieren bereits: Die ersten demokratischen Kommunalwahlen in der Geschichte des Kosovo sind eine gute Grundlage für die Forcierung einer Übergangsverfassung, und es besteht Konsens über eine raschc Fortführung des Privatisierungsprozesses.

Auch sollte es wohl nicht schwer sein, verbesserte Beziehungen mit den meisten Nachbarn zustande zu bringen - allerdings mit einer Ausnahme: Das Verhältnis zwischen Serbien und dem Kosovo beinhaltet sämtliche Komplikationen, die sich ein Diplomat nur vorstellen kann. Der Sturz von Milosevic und das Verprechen eines "offenen Dialogs" hat zwar gewisse Hoffnungen genährt, die aber mit viel Skeptizismus durchsetzt sind: Die Vorbehalte im Kosovo hinsichtlich der demokratischen Glaubwürdigkeit Serbiens leiten sich primär aus dem Wissen ab, dass der Konflikt zwischen dem Kosovo und Serbien struktureller Natur ist, der seine Grundlage nicht in einem einzelnen Mann hat. Denn wie sehr Milosevic die Spannungen verschlimmert hat: Seine Politik gegenüber den Kosovo-Albanern war bei den Serben überaus populär.

Tatsächlich hat das Verhalten Serbiens gegenüber seinen Minderheiten durch die Dekade der Kriege in Jugoslawien hindurch einen nationalistischen Konsens widergespiegelt, dem sich auch ein Großteil der damaligen Opposition verbunden fühlte. Für die meisten Kosovaren wird es daher schwierig sein, Gespräche über verbesserte Beziehungen aufzunehmen, wenn Serbien keinerlei Art von "Entnazifizierungs"-Prozess durchläuft. Die bisherige Weigerung Präsident Kostunicas, wenigstens eine Debatte darüber zu führen, ob international angeklagte Kriegsverbrecher vor Gericht gebracht werden, ist diesbezüglich kein hoffnungsvolles Omen.

Nicht nur der Kosovo identifiziert den von Belgrad geführten Staat mit den Gräueltaten des vergangenen Jahrzehnts. Die meisten Nachbarn Serbiens waren daher von der westlichen Euphorie angesichts des Sturzes von Milosevic entsprechend überrascht. Mehrere westliche Diplomaten behaupten in der Tat, die Änderungen in Belgrad seien so historisch, dass die Jugoslawische Föderation schnell zum Mitglied der OSZE, der UNO, des IWF und der Weltbank werden müsse und alle anderen Probleme in der Region zurückzustehen haben.

Doch eine derartige Missachtung der Geschichte liefert keinerlei Anreiz für Präsident Kostunica, die serbischen Taten der vergangenen Dekade einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Eine allzu innige internationale Umarmung unterminiert unter Umständen nur die Möglichkeit abschließender Regelungen zwischen Serbien und seinen Nachbarn.

Zukunftsszenario

Kürzlich habe ich darauf hingewiesen, dass die Entwicklung einer Art von "Drei-Taiwan-Szenario" notwendig ist, in dem der Kosovo, Montenegro und Serbien eine Periode interner Konsolidierung erfahren und bei dem das Augenmerk mehr darauf gerichtet wird, wie die jeweiligen Staaten funktionieren, als darauf, ob und in welcher Form sie international anerkannt werden. Nachdem Taiwan vor zwei Jahrzehnten der internationalen Anerkennung verlustig gegangen war, wandte es sich nach innen und schuf eine blühende Wirtschaft und eine neue Demokratie.

Dieser Prozess hat - wenn auch ein wenig verstohlen - im Kosovo bereits eingesetzt. Er sollte auch in Serbien und Montenegro beginnen.

Veton Surroi, Chefredakteur von "Koha Ditore", der führenden unabhängigen Zeitung des Kosovo, war 1999 Delegierter bei den Pariser Friedensverhandlungen zum Kosovo-Konflikt.